Europas Anleger vor Fed-Entscheid vorsichtig optimistisch

Frankfurt (Reuters) – Der anstehende Zinsentscheid der US-Notenbank Fed am Mittwochabend stimmt die Anleger an den europäischen Börsen vorsichtig optimistisch.

Der Dax notierte am Vormittag 0,6 Prozent höher bei 15.819 Punkten. Damit blieb die psychologisch wichtige Marke von 16.000 Stellen, die der deutsche Leitindex am Dienstag zum ersten Mal seit Januar 2022 kurz übersprungen hatte, allerdings wieder weiter entfernt. “Zu groß ist die Gefahr für Investoren, von den anstehenden geldpolitischen Entscheidungen auf dem falschen Fuß erwischt zu werden”, sagte Jürgen Molnar, Stratege beim Broker RoboMarkets. Auch der EuroStoxx50 gewann rund ein halbes Prozent auf 4316 Zähler.

Analysten zufolge hoffen die Investoren, dass die US-Währungshüter die Zinsen um 25 Basispunkte erhöhen und danach eine Pause einlegen. “Sollte Fed-Chef Jerome Powell betonen, dass die Risiken im Bankensektor ein Grund sind, die Zinssätze nicht weiter anzuheben, könnte es zu einer Fortsetzung der Rally am Aktienmarkt kommen”, sagte Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Mache Powell dagegen deutlich, dass die Inflation immer noch weit über dem Zielwert liege und die Probleme im Bankensektor nicht wirklich besorgniserregend seien, dürften Verkäufe einsetzen.

ÖLPREISE UND DOLLAR UNTER DRUCK

Sorgen um die weitere Entwicklung der globalen Konjunktur angesichts schwacher US-Jobdaten vom Dienstag und der erwarteten Zinserhöhung der Fed drückten die Ölpreise erneut tief ins Minus. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die leichte US-Sorte WTI verbilligten sich um jeweils rund zwei Prozent auf 74,04 beziehungsweise 70,32 Dollar pro Barrel (159 Liter). Am Dienstag hatten sie fünf Prozent verloren. Damit verzeichneten sie den größten Tagesrückgang seit Anfang Januar.

Konjunktursorgen drückten auch die US-Währung. Der Dollar-Index, der den Wert des Greenbacks gegenüber anderen wichtigen Devisen misst, verlor 0,4 Prozent auf 101,52 Punkte. Der Euro gewann im Gegenzug genauso viel auf 1,1042 Dollar.

KONZERNBILANZEN ERNEUT IM RAMPENLICHT

Bei den Unternehmen standen erneut Konzernzahlen im Rampenlicht. So drückten ein Quartalsumsatz unter den Erwartungen von Analysten und ein größer als vorhergesagter operativer Verlust die Titel von Lufthansa in den Keller. Der Aktienkurs der Fluggesellschaft pendelte sich bei einem Minus von rund 3,5 Prozent ein, nachdem er vorbörslich gestiegen und kurz nach Handelsstart um 6,5 Prozent abgestürzt war. “Die Zahlen sind uneinheitlich. Wir erwarten bei der Aktie eine hohe Volatilität”, sagte ein Händler. Bei einem Umsatzanstieg um 40 Prozent auf sieben Milliarden Euro halbierte sich der operative Verlust im ersten Quartal zwar auf 273 Millionen Euro. Von Bloomberg befragte Analysten hatten jedoch mit einem Umsatz von 7,6 Milliarden Euro und einem Verlust von 254 Millionen Euro gerechnet.

Dank zusätzlicher Geschäfte mit Bestandskunden ist Teamviewer zum Jahresbeginn erneut gewachsen. Anleger reagierten dennoch enttäuscht. Die Aktien des Spezialisten für Fernwartungssoftware fielen im MDax um zwölf Prozent und gaben damit einen Großteil ihrer Gewinne der vergangenen Tage wieder ab. Offenbar seien einige Investoren von den verfehlten durchschnittlichen Analystenprognosen irritiert, sagte ein Börsianer. Diese seien allerdings überzogen. Die niedrigeren Vorhersagen der Top-Analysten habe Teamviewer leicht übertroffen. Er halte die Zahlen für solide.

Gefragt nach starken Zahlen waren dagegen die Papiere der italienischen Großbank Unicredit, die um fünf Prozent zulegten. Das Geldhaus hat wie ihre europäischen Wettbewerber von steigenden Zinsen profitiert und im ersten Quartal besser abgeschnitten als erwartet. Das stimmte den Vorstand zuversichtlicher, der 2023 nun einen Gewinn von 6,5 Milliarden Euro erwartet nach zuletzt mehr als 5,2 Milliarden.

(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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