Deutsche Wirtschaft stagniert – “Krise ist noch nicht vorbei”

Berlin (Reuters) – Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal wegen sinkender Konsumausgaben und schrumpfender Exporte erneut nicht gewachsen.

Das Bruttoinlandsprodukt stagnierte von Juli bis September zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag eine frühere Schätzung bestätigte. Im Frühjahr war es um 0,2 Prozent gesunken, nach einem Plus von 0,3 Prozent in den ersten drei Monaten des Jahres. “Die Konjunktur wurde im dritten Quartal von schwachen Exporten gebremst, während die Investitionen leicht zulegten”, sagte die Präsidentin des Bundesamtes, Ruth Brand.

In Ausrüstungen – also vor allem in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge – wurde 1,1 Prozent mehr investiert als im Vorquartal. “Dies spiegelt sich auch in einer positiven Entwicklung der gewerblichen Pkw-Neuzulassungen wider”, hieß es dazu. Die Bauinvestitionen sanken dagegen um 0,5 Prozent. Der private Konsum schrumpfte zum ersten Mal seit dem vierten Quartal 2023, und zwar um 0,3 Prozent. “Dies lag unter anderem daran, dass die Haushalte weniger für Gastronomie- und Beherbergungsdienstleistungen ausgaben”, so die Statistiker.

Vom Außenhandel blieben positive Impulse aus: Exportiert wurden 0,7 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen als im zweiten Quartal. Besonders Service-Exporte – etwa Gebühren für die Nutzung von geistigem Eigentum, zum Beispiel Lizenzgebühren für den Vertrieb von Software oder Franchisegebühren – gaben deutlich nach. Trotz hoher US-Zölle nahm die Ausfuhr von Waren nur um 0,1 Prozent ab. Die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen stagnierte auf dem Niveau des Vorquartals. Der Staatskonsum wuchs hingegen um 0,8 Prozent.

“KRISE NOCH NICHT VORBEI”

“Die anhaltende Schwäche der deutschen Wirtschaft zeigt, dass die Krise noch nicht vorbei ist”, sagte der Konjunkturexperte am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Christian Breuer. “Der ausfallende Export in die USA und nach China stellt die deutsche Wirtschaft vor erhebliche Herausforderungen.” So stellt die Volksrepublik zunehmend selbst Waren her, die früher aus Deutschland bezogen wurden. Zudem läuft das Geschäft mit den USA schlecht, weil Präsident Donald Trump hohe Importzölle für Waren aus der Europäischen Union verhängt hat. Seit August gilt für die überwiegende Mehrheit der EU-Exporte in die USA ein Zollsatz von 15  Prozent – ein Mehrfaches des früheren Wertes.

Die Chancen für einen Aufschwung im laufenden vierten Quartal stehen nicht besonders gut. Das Ifo-Geschäftsklimaindex als wichtigster Frühindikator für die deutsche Wirtschaft sank im November überraschend auf 88,1 Punkte, nach 88,4 Punkten im Oktober. Das deute auf ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent im vierten Quartal hin, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. “Es fehlt an Dynamik, die Wirtschaft stagniert vor sich hin.” Zentrales Problem bleibe der Auftragsmangel. “Früher konnte sich Deutschland aus Krisen herausexportieren”, sagte Wohlrabe. “Das fällt nun weg.” Die Exporterwartungen der Unternehmen seien gesunken. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit gerate unter die Räder.

Auch die Bundesbank traut Deutschland am Jahresende nur ein leichtes Wachstum zu. Aufgrund der schlechten Wettbewerbsposition profitiere die heimische Industrie “nur begrenzt von der anhaltend moderat wachsenden Weltwirtschaft”, heißt es im aktuellen Monatsbericht. Die Wirtschaftsweisen rechnen in ihrem Gutachten für die Bundesregierung nur mit einem Wachstum von 0,2 Prozent im zu Ende gehenden Jahr. 2026 soll es dann zu einem Plus von 0,9 Prozent reichen – vor allem durch die geplanten Milliardeninvestitionen der Bundesregierung in Infrastruktur und Verteidigung.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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