Kopenhagen (Reuters) – Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk hat bei der Entwicklung eines Alzheimer-Mittels einen Rückschlag erlitten.
Der getestete Wirkstoff Semaglutid, auch Basis der bekannten Abnehmspritze Wegovy, erreichte in zwei entscheidenden Phase-3-Studien nicht das Hauptziel. Eine ältere, oral verabreichte Version des Wirkstoffs habe das Fortschreiten des kognitiven Verfalls bei Alzheimer-Patienten nicht verlangsamen können, teilte das Unternehmen am Montag mit. “Trotz der geringen Erfolgsaussichten sahen wir uns aufgrund des erheblichen ungedeckten Bedarfs bei der Alzheimer-Krankheit in der Verantwortung, das Potenzial von Semaglutid zu erforschen”, sagte Forschungschef Martin Holst Lange.
Die Aktie von Novo Nordisk brach nach dem Fehlschlag um bis zu zehn Prozent ein. Die Papiere des US-Konkurrenten Biogen legten dagegen im vorbörslichen Handel um gut fünf Prozent zu. In den USA sind Leqembi von Biogen und seinem Partner Eisai sowie Kisunla von Eli Lilly die einzigen zugelassenen Behandlungen gegen Alzheimer.
Zwar habe die Behandlung mit Semaglutid in beiden Studien zu einer Verbesserung von für die Alzheimer-Krankheit relevanten Biomarkern geführt, teilte Novo Nordisk weiter mit. Dies habe sich aber nicht in einer Verzögerung des Krankheitsverlaufs niedergeschlagen. Die umfangreichen Daten zu Semaglutid belegten jedoch weiterhin den Nutzen für Menschen mit Typ-2-Diabetes, Fettleibigkeit und damit verbundenen Begleiterkrankungen.
Die Ergebnisse sind besonders relevant, da Alzheimer nach dem Erfolg bei Diabetes und Fettleibigkeit einen lukrativen neuen Markt für GLP-1-Medikamente wie Semaglutid eröffnet hätte. Bei dem getesteten Präparat handelt es sich um Rybelsus, eine Pille, die derzeit nur zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen ist. Die Entscheidung, Semaglutid für die Indikation Alzheimer zu untersuchen, basierte laut Novo Nordisk auf früheren Studien, präklinischen Modellen sowie nachträglichen Analysen aus Studien zu Diabetes und Fettleibigkeit.
Für Novo Nordisk ist das Scheitern ein weiterer Rückschlag. Nach dem anfänglichen Erfolg von Wegovy war der Konzern stark gewachsen, bevor nachlassendes Umsatzwachstum, ein Kursrückgang sowie ein Chefwechsel und Massenentlassungen folgten.
Der Fehlschlag bestätigt zudem die Skepsis von Analysten. Die Schweizer Großbank UBS hatte die Erfolgswahrscheinlichkeit auf lediglich zehn Prozent geschätzt. Ein Manager von Novo hatte die Studien im September wegen der unsicheren Aussichten bei gleichzeitig hohem Potenzial als “Lotterielos” bezeichnet. Weltweit sind mehr als 55 Millionen Menschen von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen betroffen. Eine Heilung gibt es bislang nicht.
(Bericht von Stine Jacobsen und Maggie Fick, geschrieben von Patricia Weiß, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)










