US-Notenbanker uneins über Zinskurs im Dezember

New York (Reuters) – In der US-Notenbank gehen die Meinungen über den richtigen geldpolitischen Kurs auseinander.

Die Zinsen könnten “kurzfristig” ohne Gefährdung des Inflationsziels gesenkt werden, sagte der Präsident der regionalen Notenbank von New York, John Williams, am Freitag. “Ich betrachte die Geldpolitik als moderat restriktiv”, betonte er, sie bremse also die Konjunktur leicht. “Daher sehe ich kurzfristig noch Spielraum für eine weitere Anpassung des Zielkorridors für den Leitzins, um den geldpolitischen Kurs näher an den neutralen Bereich heranzuführen.”

Die Präsidentin der regionalen US-Notenbank von Boston, Susan Collins, schürte dagegen Zweifel an einer weiteren Zinssenkung im Dezember. Die Geldpolitik sei angesichts der robusten Wirtschaft am richtigen Platz, sagte sie dem Sender CNBC. Eine “leicht restriktive Politik” sei “im Moment sehr angemessen”. Die US-Notenbank Fed hat ihren Leitzins zuletzt zweimal in Folge gesenkt. Er liegt nunmehr bei 3,75 bis 4,00 Prozent. Auch die Präsidentin der Notenbank von Dallas, Lorie Logan, sprach sich dafür aus, den aktuellen Leitzins “eine Zeit lang” beizubehalten.

Das derzeitige Zinsniveau helfe dabei, den weiter hohen Preisdruck zu dämpfen, während die Auswirkungen von Zöllen die Wirtschaft durchliefen, sagte Collins. Sie fügte hinzu, sie sei mit Blick auf die entscheidende Fed-Sitzung im nächsten Monat “zögerlich”.

Nach den Äußerungen von Williams preisen die Anleger bei Terminkontrakten auf den US-Leitzins eine fast 60-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung um einen Viertelprozentpunkt bei der Entscheidung am 9. und 10. Dezember ein. Damit kehrten sie ihre bisherige feste Überzeugung um, dass die Fed wegen Inflationssorgen eine Zinspause einlegen werde.

Fed-Vizepräsident Philip Jefferson sieht im aktuellen Boom bei Aktien aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) keine Wiederholung der Dotcom-Blase. Anders als Ende der 1990er Jahre seien die KI-Firmen etabliert und schrieben Gewinne, sagte Jefferson. Einem jüngsten Fed-Bericht zufolge sehen rund 30 Prozent der Befragten eine Stimmungsänderung gegenüber KI als ein erhebliches Risiko für das US-Finanzsystem. Jefferson wies jedoch darauf hin, dass die Begeisterung der Anleger für KI-Firmen vor dem Hintergrund eines “soliden und widerstandsfähigen” Finanzsystems stattfinde.

Ein weiterer Unterschied zum Dotcom-Boom sei, dass sich die KI-Firmen bisher nicht stark über Kredite finanziert hätten. Die begrenzte Nutzung von Fremdkapital “könnte das Ausmaß verringern, in dem eine Stimmungsänderung gegenüber KI über die Kreditmärkte auf die Gesamtwirtschaft übergreifen könnte”, sagte Jefferson laut Redetext bei einer Konferenz der regionalen Notenbank von Cleveland. Er warnte jedoch, dass die Verschuldung im KI-Sektor steigen könnte, falls zukünftige Investitionen mehr Kredite erforderten. “Ich werde diesen sich entwickelnden Trend genau beobachten.” Jefferson fügte hinzu, dass die Künstliche Intelligenz die Welt auf dramatische und “holprige” Weise verändern könne. Es sei jedoch noch zu früh, um die genauen Folgen für den Arbeitsmarkt, die Inflation und die Geldpolitik abzusehen.

(Bericht von Michael S. Derby, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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