Berlin (Reuters) – Deutsche Unternehmen haben in den vergangenen Jahren Tausende Stellen ins Ausland verlagert.
Zwischen 2021 und 2023 zogen rund 1300 Firmen teilweise oder vollständig weg, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das waren 2,2 Prozent aller im Jahr 2023 in Deutschland ansässigen Unternehmen mit einer Größe von mindestens 50 Mitarbeitern. Hauptmotiv dafür waren niedrigere Lohnkosten.
Nach Angaben der Betriebe wurden 71.100 Stellen in Deutschland abgebaut, aber auch 20.300 neu geschaffen – “etwa infolge von Umschichtungen in andere Unternehmensfunktionen oder Neueinstellungen infolge von erzielten Kosteneinsparungen”. Unterm Strich gingen damit von 2021 bis 2023 netto rund 50.800 Stellen verloren.
Sowohl der Stellenabbau als auch der -zuwachs betrifft vor allem die Warenproduktion. Hier fielen 26.100 Stellen weg, während 5000 neu entstanden. Das entspricht einem Netto-Abbau von 21.100 Stellen. Insgesamt waren 34.600 oder 59 Prozent der Unternehmen mit mindestens 50 tätigen Personen im Jahr 2023 in globale Wertschöpfungsketten eingebunden – bezogen also Waren oder Dienstleistungen aus dem Ausland oder lieferten diese dorthin.
“KOSTET WENIG, ENTLASTET ABER”
Die meisten verlagernden Unternehmen wählten Zielorte innerhalb der Europäischen Union (EU). Dorthin gingen 900 Unternehmen. In Staaten außerhalb der EU verlagerten 700 der befragten Unternehmen. Bei knapp drei Vierteln (74 Prozent) war die Verringerung der Lohnkosten eine Motivation für die Verlagerung von Unternehmensfunktionen ins Ausland. Bei 62 Prozent führte eine strategische Entscheidung der Konzernleitung dazu. Andere Kostenvorteile (ohne Löhne) wurden von 59 Prozent als Motivation genannt. Einen Mangel an Fachkräften im Inland nannten 38 Prozent. Als Hindernisse oder Bedenken bei der Verlagerung ins Ausland wurden von den Unternehmen hauptsächlich rechtliche oder administrative Hindernisse, steuerliche Probleme sowie Bedenken genannt, dass die Kosten der Verlagerung deren Nutzen übersteigen.
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) sieht die Politik in der Pflicht, den Standort Deutschland zu stärken. “Sie kann bei den Bürokratiekosten am einfachsten gegensteuern, um den Standort attraktiver zu machen”, sagte IW-Experte Jürgen Matthes der Nachrichtenagentur Reuters. Besonders mittelständische Betriebe würden mit Berichtspflichten überlastet. “Ein massiver und konsequenter Abbau von Bürokratie kostet wenig Geld, entlastet aber sehr”, sagte Matthes. Auch bei den Lohnnebenkosten müsste angesetzt werden. “Hier brauchen wir dringend Reformen, um Rente, Gesundheit und Pflege bezahlbar zu halten”, sagte der IW-Ökonom. “Die Rente mit 63 oder die Ausweitung der Mütterrente sind da kontraproduktiv.” Ein weiteres Problem seien die hohen Energiepreise. In energieintensiven Industrien sei die Produktion stark zurückgegangen. “Hier sehen wir keine großen Erholungszeichen”, sagte Matthes.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)











