Berlin (Reuters) – Kanzler Friedrich Merz hat angekündigt, dass Europa eigene digitale Fähigkeiten entwickeln und der Staat verstärkt Produkte aus Europa einsetzen wird.
“Wir sehen die systemische Rivalität der USA und Chinas, zweier Großmächte, auch zweier Digitalgroßmächte, die um die Technologieführerschaft ringen. Europa darf ihnen dieses Feld nicht überlassen”, sagte Merz am Dienstag auf dem deutsch-französischen Digitalgipfel in Berlin. Er verwies auf die Störungen bei großen US-Cloud-Anbietern und die chinesischen Lieferengpässe bei Chips. “Diese Störungen zeigen: Wir sind abhängig von digitalen Technologien, sowohl aus China als auch aus den Vereinigten Staaten von Amerika”, warnte er.
Deshalb müssten Deutschland und die EU aufholen. Das betreffe insbesondere die Schlüsseltechnologien von Künstlicher Intelligenz über Quantentechnologie und Cloud-Computing bis hin zur Mikroelektronik, fügte der Kanzler hinzu. “Nur so schaffen wir Alternativen und eben auch Wahlmöglichkeiten.” Auch die Bundeswehr und Behörden müssten in der Lage sein, Cyberangriffe und Desinformation mit eigenen technologischen Mitteln abzuwehren. Bisher dominieren in diesem Bereich etwa US-amerikanische oder israelische Programme.
Ausdrücklich setzte sich Merz dafür ein, US-Anbieter etwa bei Daten-Clouds EU-Regeln zu unterwerfen. “Ich begrüße ausdrücklich, dass der Digital Markets Act auch auf große Cloud-Anbieter anwendbar sein soll, sobald sie als sogenannte Gatekeeper eingestuft sind”, betonte er. Dies bringe europäische Cloud-Anbieter leichter in den Markt. “Wir wollen denjenigen, die souveräne Clouds für die Speicherung ihrer Daten in Europa nutzen, mehr Flexibilität bei der Nutzung dieser Daten einräumen.”
Außerdem kündigte Merz an, dass der Staat sogenannter Ankerkunde europäischer Digitalanbieter werde und unter anderem Software von US-Firmen ersetzen werde. “Denn der Staat muss seine Arbeit auch in Krisenzeiten stabil ausführen können”, betonte Merz. Erste Behörden wie das Robert-Koch-Institut seien bereits umgestiegen. Auch im Bundeskanzleramt würden Komponenten aus OpenDesk, also offener Software, genutzt. Er kündigte an, dass Deutschland und Frankreich gemeinsame Kriterien für die Beschaffung souveräner digitaler Dienste entwickeln wollen. Die nächste Generation von KI soll auch in Europa gestaltet werden.
Merz mahnte zudem die Unternehmen, nicht nur auf die billigsten Lösungen zu setzen, die vielleicht aus dem nicht-europäischen Ausland kommen. “Ja, digitale Souveränität hat Kosten. Aber die digitale Abhängigkeit hat noch höhere Kosten.” Das Ziel digitaler Souveränität sei richtig, auch wenn man keine Abschottung und keinen Protektionismus wolle.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)










