US-Shutdown erreicht Rekorddauer: Endet politisches Tauziehen vor Thanksgiving?

Washington/Berlin (Reuters) – Der Shutdown in den USA hat historische Ausmaße erreicht.

Die Dauer des teilweisen Regierungsstillstands im Zuge der Haushaltssperre summiert sich am Mittwoch auf 36 Tage: “Es ist die längste Schließung der Verwaltung in der Geschichte der USA”, ordnet Luis Ruiz, Marktanalyst beim Broker CMC Markets, die Zahl ein. Der bisherige Rekordwert datiert aus der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump. Damals dauerte der Shutdown zum Jahreswechsel 2018/19 insgesamt 35 Tage. Etwa 750.000 Bundesbedienstete sind nunmehr im Zuge der aktuellen Haushaltssperre beurlaubt. Die Regierung hat zwar Maßnahmen ergriffen, um Soldaten, Bundespolizisten und Einwanderungsbeamte zu bezahlen, andere Bundesangestellte arbeiten jedoch weiter ohne Bezahlung.

Der 15. Shutdown seit 1981 ist nicht nur aufgrund seiner langen Dauer bemerkenswert. Anders als früher sind bislang kaum Anstrengungen von Trumps Republikanern und den oppositionellen Demokraten unternommen worden, diesen jüngsten Stillstand zu beenden. Das Repräsentantenhaus tagt seit dem 19. September nicht mehr. Und die Notenbank muss seit Wochen auf wichtige Konjunkturdaten verzichten, weil Veröffentlichungen von staatlichen Stellen wegen des Shutdowns ausgesetzt wurden.

“Je länger der Shutdown andauert, desto mehr werden die Märkte von einer begrenzten Menge veralteter Daten abhängig sein”, gibt Deborah A. Cunningham vom Vermögensverwalter Federated Hermes zu bedenken. Die grundlegende Finanzmechanik bleibe jedoch unverändert und die Funktionen des US-Finanzministeriums seien nicht beeinträchtigt. Die Funktionsfähigkeit der Geldmärkte bleibe uneingeschränkt gewährleistet.

“GESAMTWIRTSCHAFTLICHE AUSWIRKUNGEN BISLANG BEGRENZT”

Doch andere Bereiche trifft der Shutdown hart: So sind indirekt auch die Fluglotsen und das Sicherheitspersonal an den Flughäfen betroffen. “Diese müssen zwar eigentlich weiterarbeiten und erhalten ihr Gehalt nachgezahlt, die Fehlquote aufgrund von Krankmeldungen und Kündigungen steigt aber”, wie die Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz erläutern. Der US-Verkehrsminister habe bereits angedeutet, dass der Flugverkehr bei einem anhaltenden Shutdown wohl eingeschränkt werden müsste: “Im Hinblick auf die Ende des Monats anstehende Reisewelle um Thanksgiving würde dies zu massivem Unmut in der Bevölkerung führen”, meinen die Commerzbank-Ökonomen. Die US-Amerikaner feiern das traditionelle Erntedankfest “Thanksgiving” am 27. November.

Einem Branchenverband zufolge waren seit Beginn des Shutdowns am 1. Oktober mehr als 3,2 Millionen Passagiere von Flugverspätungen oder -ausfällen betroffen. Das letzte Mal, dass die USA ihren Luftraum für den Inlandsflugverkehr vollständig schlossen, war nach den Anschlägen vom 11. September 2001.

Der zunehmende politische Druck dürfte aus Sicht der Commerzbank-Experten in den nächsten beiden Wochen zu einer Einigung führen und den Haushalt zumindest temporär finanzieren: “Dann würden sich die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen wohl in Grenzen halten. Bislang zeigen die noch veröffentlichten wirtschaftlichen Daten jedenfalls keinen Einbruch an”, erklärten die Ökonomen.

(Bericht von Kanishka Singh, Reinhard Becker, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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