Reiche fordert Investitionsanreize – Warnt vor Abhängigkeiten

Berlin (Reuters) – Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hält wegen der wirtschaftlichen Stagnation in Deutschland weitere Impulse zur Stärkung des Standortes für notwendig.

Auf dem Außenwirtschaftstag in Berlin verwies die Ministerin am Dienstag auf bereits beschlossene Steuererleichterungen der Regierung wie den Investitionsbooster und ein schrittweises Absenken der Körperschaftsteuer. Sie ließ Zweifel an deren Reichweite erkennen. “Es wird sich zeigen, ob diese Schritte wirklich ausreichen”, sagte die Ministerin.

Reiches Worten zufolge verharrt die deutsche Wirtschaftsleistung auf dem Niveau von 2019, während die USA im gleichen Zeitraum um zwölf Prozent und Frankreich und Italien um fünf bis sechs Prozent gewachsen seien. Als strukturelle Gründe für die Stagnation nannte die CDU-Politikerin überbordende Regulierung, hohe Energiepreise infolge einer “fehlgeleiteten Energiepolitik” sowie einen Sozialstaat, der den Kostenfaktor Arbeit belaste. “Wir sind mit unseren Strukturen derzeit nicht wettbewerbsfähig”, stellte Reiche fest.

“CHINA NUTZT STELLUNG BEI ROHSTOFFEN ALS MACHTINSTRUMENT”

Bei ihrem als Grundsatzrede angekündigten Auftritt erklärte Reiche die Ära der liberalen Weltwirtschaftsordnung für beendet. “Die wirtschaftsliberale Weltordnung, wie wir sie kannten, (…) gehört der Vergangenheit an”, sagte sie. Globale Märkte würden nicht mehr vorrangig von ökonomischen, sondern von geopolitischen Interessen bestimmt. Als Beispiel nannte sie die strategische Monopolisierung von Seltenen Erden durch China. Deutschland sei bei diesen für die technologische Transformation unerlässlichen Rohstoffen auf Importe angewiesen, während Peking seine Position gezielt als politisches Machtinstrument nutze.

Um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, müsse Europa seine Hausaufgaben machen, forderte die CDU-Politikerin. Dazu gehöre die konsequente Vertiefung des Binnenmarktes. Die EU dürfe nicht “zum Silicon Valley der Bürokratie” werden, sondern müsse “zum Silicon Valley des Aufbruchs” werden.

REICHE: CHIP-EXPORTSTOPPS DÜRFEN FIRMEN NICHT ÜBERRASCHEN

Als weitere zentrale Strategie nannte Reiche die Diversifizierung der Handels- und Lieferbeziehungen, um einseitige Abhängigkeiten insbesondere von China zu reduzieren. Hierbei sei die Stärkung der Freihandelsagenda der EU entscheidend. Die Bundesregierung arbeite mit Hochdruck daran, dass das Mercosur-Abkommen bald in Kraft treten könne.

Reiche nahm auch die Unternehmen in die Pflicht. Sie habe “wenig Verständnis”, wenn einige Firmen nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie und der Gaskrise weiterhin auf eine Strategie setzten, die von nur einem Lieferanten abhänge. Unternehmen, die dann etwa von Exportstopps bei Chips überrascht würden, müssten sich “provokante Fragen gefallen lassen”. Jedes Unternehmen trage Mitverantwortung für eine widerstandsfähige Aufstellung.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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