Frankfurt (Reuters) – Geopolitische Unsicherheiten und enttäuschende Firmenbilanzen haben für Zurückhaltung an den europäischen Aktienmärkten gesorgt.
Der Dax verlor am Mittwochvormittag 0,3 Prozent auf 24.246 Punkte, der EuroStoxx50 gab 0,5 Prozent auf 5659 Zähler nach. Vor den nach Handelsschluss erwarteten Zahlen des Softwarekonzerns SAP lege der Dax eine Verschnaufpause ein, sagte Analyst Frank Sohlleder vom Broker ActivTrades. Die Zahlen des Index-Schwergewichts könnten für erhöhte Volatilität sorgen. In den USA warteten Börsianer unter anderem auf die Ergebnisse des Elektroautopioniers Tesla.
Die Berichtssaison könnte zum Realitätstest für die zuletzt optimistischen Erwartungen an den Börsen werden, warnte Analyst Timo Emden von Emden Research. Anleger sollten sich nicht von starken Zahlen blenden lassen. “Die Kombination aus wirtschaftlicher Unsicherheit, geopolitischen Spannungen und geldpolitischen Unwägbarkeiten könnte Marktteilnehmer jederzeit wieder einholen.”
GEOPOLITISCHE KRISEN SETZEN BÖRSEN ZU – RÜSTUNGSSEKTOR STARK
Die Unsicherheit über ein mögliches Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping führte zu Zurückhaltung bei den Anlegern. Trump sagte, er habe viele Dinge mit seinem chinesischen Amtskollegen zu besprechen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass das in zwei Wochen anvisierte Treffen möglicherweise nicht stattfinden werde.
Zudem wurde ein geplanter Gipfel zwischen Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin auf Eis gelegt, was die Hoffnung auf ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine dämpfte. Auch im Nahost-Konflikt ist die ausgehandelte Waffenruhe brüchig. Israel und die Hamas im Gazastreifen werfen einander vor, die Vereinbarung gebrochen zu haben. Anleger packten Aktien von Rüstungskonzernen in die Depots. Der europäische Branchenindex für Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung legte um 1,3 Prozent zu. Rheinmetall waren mit einem Aufschlag von 2,5 Prozent größter Dax-Gewinner.
CHIP-AKTIEN FALLEN NACH TI-ZAHLEN
Enttäuschende Zahlen des US-Chipherstellers Texas Instruments (TI) setzten die europäische Halbleiterbranche unter Druck. Aktien von Siltronic, Aixtron, Infineon und ams OSRAM verloren zwischen 3,2 und 4,5 Prozent. Die Papiere von BESI und STMicroelectronics fielen um 2,1 und 3,3 Prozent. Die schwächer als erwartet ausgefallenen Ergebnisse und Prognosen von TI seien ein negatives Signal für die europäischen Wettbewerber, kommentierten die Analysten von Citigroup. Die in Frankfurt notierten TI-Aktien sackten um acht Prozent ab.
Der französische Kosmetikkonzern L’Oreal blieb mit seinem Umsatzwachstum im Quartal hinter den Erwartungen zurück, was die Aktien um bis zu sieben Prozent drückte. Die enttäuschenden Zahlen belasteten den gesamten europäischen Luxusgütersektor, der 1,4 Prozent nachgab. Auch die Zahlen des Birkin-Taschen-Herstellers Hermes konnten die Anleger nicht überzeugen. Das galt auch für die Umsatzentwicklung beim Personaldienstleister Randstad, dessen Aktien um bis zu 8,5 Prozent einbrachen.
Einen rabenschwarzen Tag erlebten TeamViewer. Die Papiere rauschten im MDax um bis zu 24,4 Prozent nach unten und markierten mit 6,41 Euro zeitweise den niedrigsten Stand ihrer Börsengeschichte. Wegen einer schleppenden Nachfrage hatte der Anbieter von Software zur frühzeitigen Erkennung und automatischen Behebung von IT-Problemen seine Wachstumsziele teilweise zurückgenommen.
Bei der britischen Großbank Barclays laufen die Geschäfte hingegen besser als gedacht. Die Aktionäre profitieren in Form eines Aktienrückkaufes, was den Kurs um mehr als vier Prozent beflügelte.
Aktien von Adidas fielen um 1,6 Prozent, obwohl der Sportartikelhersteller seine Prognosen für das Gesamtjahr erhöht hatte. Es sei wahrscheinlich, dass Anleger Kasse machten, nachdem Adidas beim Ausblick wie erwartet geliefert habe, sagte ein Händler.
(Bericht von Anika Ross, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)