Signa-Gründer Benko im ersten Prozess zu zwei Jahren Haft verurteilt

– von Francois Murphy und Alexandra Schwarz-Goerlich

Innsbruck/Wien (Reuters) – Der österreichische Immobilienunternehmer und Signa-Gründer Rene Benko ist in seinem ersten Insolvenzprozess zu zwei Jahren Haft verurteilt worden.

Das Landesgericht Innsbruck sprach den 48-Jährigen am Mittwoch in einem zentralen Anklagepunkt schuldig, Vermögen zum Nachteil seiner Gläubiger beiseitegeschafft zu haben. In einem zweiten Punkt erfolgte ein Freispruch. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Verteidigung prüft weitere rechtliche Schritte.

Im Zentrum des zweitätigen Prozesses standen zwei Transaktionen mit einem Gesamtschaden von rund 670.000 Euro. Verurteilt wurde Benko wegen einer Schenkung an seine Mutter in Höhe von 300.000 Euro. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass dieses Geld den Gläubigern zugestanden hätte. Freigesprochen wurde er hingegen im Zusammenhang mit einer Miet- und Betriebskostenvorauszahlung für eine Villa, die laut Anklage zum Zeitpunkt der Zahlung unbewohnbar gewesen war. Das Verfahren wurde als Schöffenprozess geführt, bei dem Berufs- und Laienrichter gemeinsam entscheiden.

MIT ROTER UND MIT BLAUER KRAVATTE

Benko hatte sich zum Prozessauftakt am Dienstag nicht schuldig bekannt und eine Befragung abgelehnt. Zum Prozessende erklärte er lediglich, dass er sich den Ausführungen seines Verteidigers anschließe. Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit seiner Festnahme im Januar. Seither befindet er sich in Untersuchungshaft in Wien. Für den Prozess wurde er nach Innsbruck überstellt. An beiden Verhandlungstagen erschien Benko im dunklen Anzug – einmal mit roter, einmal mit blauer Krawatte – und wirkte deutlich schlanker als bei früheren Auftritten. Bei der Befragung zu seinen Vermögensverhältnissen gab er an, derzeit kein Einkommen zu haben.

Sein Verteidiger Norbert Wess sprach nach dem Urteil von einem Ergebnis mit “einem lachenden und einem weinenden Auge”. Man freue sich über den Freispruch, sei mit dem Schuldspruch jedoch “nicht einverstanden”. Bei der Schenkung an Benkos Mutter liege keine betrügerische Krida vor, betonte Wess. Das Delikt aus dem österreichischen Strafrecht entspricht in Deutschland dem Bankrott mit Betrugsabsicht.

Der Prozess gilt als Beginn der strafrechtlichen Aufarbeitung rund um die Signa-Insolvenz – die größte Unternehmenspleite der österreichischen Nachkriegsgeschichte und eine der größten in Europa. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Benko und weitere Personen in mehr als einem Dutzend voneinander getrennten Strängen. Die Vorwürfe reichen von Gläubigerbegünstigung über Fördermissbrauch bis hin zu Betrug und Untreue. Der mutmaßliche Gesamtschaden wird auf rund 300 Millionen Euro beziffert. Eine zweite Anklage wegen betrügerischer Krida liegt bereits bei Gericht. Auch in Deutschland und Italien laufen Ermittlungen.

VOM MILLIARDÄR ZUR REKORDPLEITE

Benko war vom Schulabbrecher zum Milliardär aufgestiegen. Im Jahr 2000 gründete er die Firma Immofina, die 2006 in Signa umbenannt wurde. Mit Hilfe prominenter Investoren – darunter Fressnapf-Gründer Thorsten Toeller, Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne, Strabag-Gründer Hans-Peter Haselsteiner sowie der langjährige Chef des Schweizer Schokoladenherstellers Lindt & Sprüngli, Ernst Tanner – baute er ein Immobilien- und Handelsimperium auf. Zum Portfolio zählten prestigeträchtige Objekte wie der Hamburger Elbtower, die Warenhauskette Galeria, das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe und das Chrysler Building in New York. Benko galt lange als Vorzeigeunternehmer und pflegte enge Kontakte in Politik und Wirtschaft. In Deutschland erhielten Benko und seine Unternehmen Coronahilfen in dreistelliger Millionenhöhe.

Die Signa-Gruppe bestand aus einem Geflecht von über 1000 Gesellschaften. Das Geschäftsmodell galt als intransparent und riskant. Medienberichten zufolge wurde durch interne Mietsteigerungen der Wert der Immobilien künstlich erhöht, um neue Kredite zu ermöglichen. Zahlreiche Banken – darunter Deutsche Bank, Allianz, Julius Bär und die Raiffeisen Bank International – gewährten der Gruppe über Jahre hinweg hohe Darlehen, oft ohne ausreichende Sicherheiten.

Steigende Zinsen, Energiepreise und Baukosten brachten das Konglomerat ins Wanken. Die Signa Holding meldete im November 2023 Insolvenz an, gefolgt von zahlreichen Tochterfirmen. Laut einem Gutachten war die Zahlungsunfähigkeit bereits ein Jahr zuvor eingetreten. Gläubiger meldeten Forderungen in Milliardenhöhe an. Experten rechnen mit einer jahrelangen juristischen Aufarbeitung.

(Bericht von Francois Murphy und Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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