Großhandelspreise ziehen an – Experten sehen keinen Anlass zur Sorge

Berlin (Reuters) – Die Preise im deutschen Großhandel haben im September angezogen. Sie legten um 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte.Im August hatte das Plus nur bei 0,7 Prozent gelegen und im Juli bei 0,5 Prozent. Von August auf September stiegen die Großhandelspreise um 0,2 Prozent. Der Großhandel gilt als Scharnier zwischen Herstellern und Endkunden. Preisveränderungen kommen meist verzögert und zumindest teilweise bei den Verbrauchern an.

Die Inflation war hierzulande im September den zweiten Monat in Folge gestiegen: Waren und Dienstleistungen verteuerten sich vorläufigen Daten zufolge um durchschnittlich 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Laut dem Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank (HCOB), Cyrus de la Rubia, gibt die Entwicklung der Großhandelspreise insgesamt aus Inflationssicht keinen Anlass zur Sorge. Seit Mitte 2023 sei das Preisniveau mehr oder weniger unverändert. “Freud und Leid ist damit dicht beisammen, denn die Einkäufer freuen sich über das stabile Preisumfeld, während die Verkäufer sich ganz offensichtlich nicht in der Lage sehen, höhere Preise durchzusetzen.”

PREISTREIBER NAHRUNGSMITTEL

Hauptgrund für den Anstieg der Großhandelspreise war im September erneut das deutliche Plus bei Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren. Die Preise lagen hier im Durchschnitt 4,2 Prozent über denen von September 2024. “Schwankungen bei dieser Güterkategorie sind durchaus üblich und bereiten den Währungshütern meist keine großen Kopfschmerzen, zumal der Anteil von Lebensmitteln im Warenkorb gering ist”, erläuterte Experte de la Rubia. Viele Mitglieder der Europäischen Zentralbank (EZB) verwiesen allerdings verstärkt auf das Risiko von Extremwetterereignissen, die sich preistreibend auswirken könnten. “Tatsache ist, dass ein Preisanstieg von 4,2 Prozent insofern relativ hoch anmutet, als Lebensmittel seit Mitte 2021 um insgesamt 30 Prozent gestiegen sind und die Warengruppe mit dem höchsten Preisanstieg darstellt. Wenn in diesem Umfeld die Preise weiter steigen, ist das in der Tat ungewöhnlich”, sagte der HCOB-Chefvolkswirt.

Die Inflation in der Euro-Zone war im September erstmals seit April wieder über die EZB-Zielmarke von zwei Prozent gestiegen. Sie kletterte auf 2,2 Prozent, nachdem die Jahresteuerungsrate in den drei Vormonaten exakt bei 2,0 Prozent lag. EZB-Chefin Christine Lagarde erwartet eine längere Phase annähernder Preisstabilität im Euroraum, also Inflationsraten nahe dem Ziel der Zentralbank. Viele Anleger rechnen damit, dass die EZB nach zwei Zinspausen in Folge vorerst weiter stillhalten wird und damit auch auf der Ende des Monats anstehenden Sitzung.

(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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