Niederlande übernehmen Kontrolle bei Chipfirma Nexperia

Amsterdam/Frankfurt (Reuters) – Die Niederlande wollen den Transfer wichtiger Technologien des Chipherstellers Nexperia nach China verhindern. Aus diesem Grund kündigte die Regierung in Den Haag am Sonntagabend an, die Kontrolle bei der Firma aus Nijmegen zu übernehmen. Deren Eigentümer ist der chinesische Halbleiter-Hersteller Wingtech. Wingtech-Aktien brachen daraufhin am Montag an der Börse Shanghai um die maximal möglichen zehn Prozent ein.

Das niederländische Wirtschaftsministerium begründete diesen “außergewöhnlichen” Schritt mit administrativen Mängeln bei dem Unternehmen. Er diene dem Erhalt wichtiger technologischer Fähigkeiten in Europa. “Der Verlust könnte ein Risiko für die wirtschaftliche Sicherheit der Niederlande und Europas darstellen.” Nun könne man schädliche Entscheidungen rückgängig machen oder blockieren. Die Produktion könne jedoch fortgesetzt werden.

Wingtech hat nach eigenen Angaben Anwälte eingeschaltet. Außerdem bemühe man sich um die Unterstützung der Regierung in Peking, um “die legitimen Rechte und Interessen des Unternehmens zu schützen”. Ferner teilte die chinesische Firma mit, ihr Verwaltungsratschef Zhang Xuezheng sei auf Anordnung eines niederländischen Gerichts aus der Führungsspitze von Nexperia ausgeschlossen worden. Als Ersatz werde eine nicht-chinesische Person mit “entscheidender Stimme” ernannt.

Wingtech hatte Nexperia 2018 für 3,63 Milliarden Dollar vom niederländischen Elektronik-Konzern Philips übernommen. Die USA hatten Wingtech Ende 2024 wegen angeblicher Gefahren für die nationale Sicherheit auf eine schwarze Liste gesetzt. Nexperia hatte damals betont, sich an die damit verbundenen Beschränkungen zu halten. Das operative Geschäft sei davon aber nicht betroffen. Die niederländische Firma ist der weltgrößte Anbieter einfacher Halbleiter wie Dioden oder Transistoren. Sie entwickelt aber auch moderne Chips für Batteriemanagement.

SPANNUNGEN ZWISCHEN CHINA UND DEM WESTEN

Der Eingriff ist das jüngste Beispiel für die Bemühungen westlicher Staaten, den technologischen und militärischen Aufstieg Chinas zu bremsen. Die Niederlande spielen in diesem Konflikt eine Schlüsselrolle, da sie die Heimat von ASML sind. Der Konzern ist der weltweit führende Anbieter von Maschinen zur Chip-Produktion. Auf Druck der USA hat die Regierung in Den Haag den Export dieser Technologie nach China stark eingeschränkt. In die Entscheidung zur Intervention sei die Regierung in Washington jedoch nicht eingebunden gewesen, betonte ein niederländischer Regierungssprecher.

In den vergangenen Jahren sorgten auch in Deutschland Übernahmen heimischer Firmen durch chinesische Käufer für Diskussionen. Dies galt vor allem für die Übernahme des Roboterbauers Kuka durch den Haushaltsgeräte-Hersteller Midea 2016. Der Augsburger Maschinenbauer gilt als strategisch wichtig für die Modernisierung der heimischen Industrie. Einige Jahre zuvor wurden die Betonpumpen-Hersteller Putzmeister und Schwing von Konkurrenten aus der Volksrepublik geschluckt. Der Autozulieferer Grammer ist seit 2018 mehrheitlich in chinesischer Hand. Der Nürnberger Kabelbaum-Spezialist Leoni ging 2024 an den Apple-Zulieferer Luxshare.

(Bericht von Toby Sterling und Hakan Ersen, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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