Lagarde mit Blick auf Regierungskrise in Paris: EZB-Notprogramm zuletzt kein Thema

(Reuters) – Die lange währende Regierungskrise in Frankreich hat die EZB nicht auf den Plan gerufen.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde verwies am Montagabend bei einer Anhörung vor dem Europäischen Parlament in Straßburg darauf, dass man “unterschiedliche Instrumente” im Werkzeugkasten habe. Diese würden angewendet, wenn bestimmte Bedingungen gegeben und Kriterien erfüllt seien: “Darüber haben wir aber jetzt in letzter Zeit im EZB-Rat nicht diskutiert”, betonte sie. Die EZB hat mit dem Transmission Protection Instrument (TPI) ein Notprogramm in der Hinterhand, mit dem sie theoretisch unbegrenzt Staatsanleihen eines in Bedrängnis geratenen Euro-Landes kaufen kann.

Bedingung dafür ist aber, dass dieser Staat unter einer ungerechtfertigten Verschärfung seiner Finanzierungsbedingungen leidet und der Anstieg der Renditen ungeordnet erfolgt, beispielsweise wegen heftiger Turbulenzen an den Börsen. Nach dem jüngsten Zinsentscheid im September hatte Lagarde gesagt, das Thema TPI sei auf der Ratssitzung nicht zur Sprache gekommen.

Frankreich steckt seit den vorgezogenen Parlamentswahlen von Mitte 2024 in einer politischen Dauerkrise. Die jüngsten Entwicklungen in der kriselnden Pariser Politik sorgten für schlechte Stimmung am Aktien- und Anleihemarkt. Dies führt zu höheren Finanzierungskosten für den ohnehin vergleichsweise hochverschuldeten Staat.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzt nach dem überraschenden Rücktritt seines Ministerpräsidenten Sebastien Lecornu vorerst weiter auf den 39-Jährigen. Macron beauftragte Lecornu damit, bis Mittwochabend einen letzten Anlauf für Gespräche mit anderen Parteien zu unternehmen. Ziel sei es, einen Weg zur Stabilisierung des Landes zu entwickeln. Lecornu, der nach seinem Rücktritt noch die laufenden Regierungsgeschäfte verantwortet, nahm Macrons Auftrag an. Lecornu war der fünfte Regierungschef in weniger als zwei Jahren. Nach Vorstellung seines Teams drohten nicht nur Gegner, sondern auch Verbündete umgehend damit, die Regierung zu stürzen.

(Bericht von Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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