Brüssel verschiebt erneut wegen starker Bürokratie kritisierte Waldverordnung

Brüssel/Berlin (Reuters) – Die EU-Kommission verschiebt die Einführung ihrer umstrittenen Entwaldungsverordnung um ein weiteres Jahr.

Dies teilte EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall am Dienstag in Brüssel mit. Als Grund nannte sie Bedenken hinsichtlich der Einsatzbereitschaft der für das Gesetz notwendigen IT-Systeme. In der deutschen Wirtschaft ist das Vorhaben zu einem Symbol für überbordende Regulierung geworden. Entsprechend begrüßten mehrere Verbände die Aussetzung, forderten aber eine grundsätzliche Überarbeitung. Das Gesetz sollte ursprünglich am 30. Dezember in Kraft treten.

“Wir haben Bedenken bezüglich des IT-Systems angesichts der Menge an Informationen, die wir in das System einspeisen”, sagte Roswall. Es ist bereits die zweite Verschiebung des Vorhabens. Die Verordnung verpflichtet Unternehmen, die Waren wie Soja, Rindfleisch und Palmöl in die EU verkaufen, zu Nachweisen, dass ihre Produkte nicht zur Zerstörung von Wäldern beitragen. Mit der weltweit ersten Regelung dieser Art will die EU ihren Anteil an der globalen Entwaldung beenden. Dieser wird auf zehn Prozent geschätzt und durch den Konsum importierter Güter verursacht.

Die Verordnung dürfe in dieser Form nicht kommen, forderte der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH). “Sie muss von Grund auf neu gedacht werden.” Zwei von drei Mittelständlern hätten die Regelungen nicht rechtzeitig umsetzen können. Der Verband betonte, sinnvoller wäre es, ein satellitengestütztes Waldentwicklungsmonitoring zu etablieren. Damit könnten in Echtzeit Verdachtsfälle von Entwaldung durch die zuständigen Überwachungsbehörden geprüft werden. Ähnlich äußerte sich der BGA, der Verband der deutschen Großhändler und Exporteure: Der Verordnungstext müsse so angepasst werden, dass die Vorgaben auch praxistauglich seien.

Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) verlangte eine grundlegende Überarbeitung. “Aufgeschoben ist nicht aufgehoben”, sagte Generalsekretärin Stefanie Sabet. Die Zeit müsse genutzt werden, um die Verordnung inhaltlich nachzubessern. Konkret forderte der DBV eine neue Risikokategorie für Länder wie Deutschland, in denen keine Entwaldung stattfinde, um Landwirte von Bürokratie zu befreien. Ähnlich äußerte sich der BGA, der Verband der deutschen Großhändler und Exporteure: Der Verordnungstext müsse so angepasst werden, dass die Vorgaben praxistauglich seien.

Widerstand gegen die Verordnung gab es auch von Handelspartnern wie Brasilien, Indonesien und den USA. Diese argumentieren, die Einhaltung der Vorschriften sei kostspielig und schade ihren Exporten nach Europa. Roswall wies zurück, dass die Verzögerung mit Bedenken der USA zusammenhänge. Auch EU-Länder wie Polen und Österreich hatten erklärt, dass europäische Hersteller die Vorschriften nicht einhalten könnten. In Wien wurde die Verschiebung als Erfolg gewertet. “Österreichs Einsatz in Brüssel hat sich ausgezahlt”, teilte Bundeskanzler Christian Stocker mit. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig habe “maßgeblich zu diesem wichtigen Erfolg für unsere Land- und Forstwirtschaft beigetragen”. Die Verordnung sei eine unnötige, massive Bürokratiebelastung.

Umweltorganisationen kritisierten hingegen die Entscheidung. “Jeder Tag, um den dieses Gesetz verschoben wird, bedeutet mehr gerodete Wälder”, sagte Nicole Polsterer von der Umweltgruppe Fern.

Die Verschiebung muss noch vom Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten gebilligt werden.

(Bericht von Kate Abnett, Sudip Kar-Gupta, Christian Krämer, Andreas Rinke und Alexandra Schwarz-Görlich; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXNPEL8M0NW-VIEWIMAGE