Private Wettbewerber auf Schiene beklagen Reformstau: Bahn gehört zerschlagen

Berlin (Reuters) – Die Wettbewerber der Deutschen Bahn schlagen Alarm und werfen der Politik vor, die Verkehrswende auszubremsen.

In einem am Montag veröffentlichten Bericht kritisieren die Verbände Mofair und Güterbahnen einen massiven Reformstau, der die Mobilitäts- und Klimaziele gefährde. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sei verkehrs- und klimapolitisch ein Rückschritt. So werde der Begriff “Wettbewerb” darin zwar 67 Mal erwähnt, jedoch kein einziges Mal in Bezug auf den Verkehr. Dies zementiere die Benachteiligung der Schiene gegenüber der Straße.

Als Kern des Problems identifiziert der 56 Seiten starke Bericht eine Kombination aus maroder Infrastruktur, einer undurchsichtigen Finanzierungsstruktur und der marktbeherrschenden Stellung der Deutschen Bahn. Die Finanzierung sei ein “Flickenteppich aus Übergangslösungen”. Auch das neue 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Infrastruktur schaffe kaum Klarheit. Es sei unklar, ob damit tatsächlich zusätzliche Investitionen finanziert oder nur Haushaltsmittel verschoben würden. Die als Lösung präsentierte “Generalsanierung” wichtiger Korridore im Schienennetz habe die versprochene Qualitätsverbesserung bislang verfehlt und sei vor allem teurer als geplant.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das “Trassenpreismonster”. Die Gebühren für die Nutzung der Gleise seien im europäischen Vergleich extrem hoch und stiegen weiter an. So liege der Preis im Fernverkehr mit durchschnittlich 13,52 Euro pro Kilometer weit über dem in Österreich (1,42 Euro) oder der Schweiz (4,22 Euro). Paradoxerweise finanzierten die Nutzer der Schiene damit den Gewinnanspruch der Deutschen-Bahn-Infrastrukturtochter DB InfraGO. Dies mache die Schiene im Wettbewerb mit der Straße unattraktiv und konterkariere die politischen Ziele.

KRITIK AN KONZERNSTRUKTUR DER BAHN

Die Ursache für viele Missstände sehen die Verbände in der Konzernstruktur der Bahn. Obwohl die DB InfraGO gemeinwohlorientiert wirtschaften solle, sei sie weiterhin vollständig in den Konzern integriert. Die Konzernstruktur stehe im Widerspruch zum Gemeinwohlauftrag. Zudem fehle es an Transparenz zu den Finanzflüssen im Konzern. Dies eröffne die Möglichkeit von Quersubventionierungen etwa der Sparten Fernverkehr oder Güterverkehr mit Geldern, die eigentlich für das Schienennetz bestimmt seien. Eine neutrale und effiziente Steuerung der Infrastruktur sei so nicht möglich.

Die negativen Folgen dieser Politik seien spürbar. Im Schienengüterverkehr müsse die Konzerntochter DB Cargo auf Druck der EU-Kommission umstrukturiert werden, was zu Unsicherheit im Markt führe. Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) stehe der Wettbewerb “auf der Kippe”, da die Zahl der Bieter bei Ausschreibungen drastisch gesunken sei. Die Risiken durch Baustellen, Personalmangel und unklare Finanzierung des Deutschlandtickets seien für viele private Anbieter nicht mehr tragbar.

Die privaten Wettbewerber der DB fordern tiefgreifende Reformen. An erster Stelle steht dabei die vollständige Herauslösung der InfraGO aus dem DB-Konzern und ihre Umwandlung in eine unabhängige Bundesgesellschaft. Zudem müsse das Trassenpreissystem grundlegend überarbeitet werden. Schließlich plädieren die Wettbewerber für die Schaffung eines unabhängigen “Bundesamtes für Schieneninfrastruktur” nach Schweizer Vorbild. Dieses solle die strategische Planung und die wirksame Verwendung der Steuergelder kontrollieren.

(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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