Merz: Regierung vor Klärung der Position über EU-Sanktionen gegen Israel

Madrid (Reuters) – Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich bei seinem Treffen mit Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez zurückhaltend zu EU-Wirtschaftssanktionen gegen Israel geäußert.

“Wir werden eine abschließende Meinung der Bundesregierung zu diesen Fragen, die jetzt auf der europäischen Ebene zu beantworten sind, in den nächsten Tagen miteinander finden”, sagte Merz am Donnerstagabend vor einem Treffen mit Sanchez in Madrid mit Blick auf die Abstimmung in der Bundesregierung. Der spanische Ministerpräsident betonte dagegen, dass er für eine härtere Linie gegenüber Israel eintritt.

“Wir werden in der nächsten Woche auch noch einmal auf der Ebene des Bundeskabinetts über diese Fragen miteinander sprechen. Ich gehe davon aus, dass wir dann eine Position im informellen Rat am 1. Oktober in Kopenhagen haben werden, die von der ganzen Bundesregierung auch getragen wird”, kündigte Merz an. Hintergrund ist, dass die SPD in der Koalition auf Sanktionen gegen Israel drängt, die CSU dies aber ablehnt. Die EU-Kommission schlägt verschiedene Sanktionsmöglichkeiten wegen des ungebremsten israelischen Krieges im Gazastreifen vor – von der Aussetzung des Assoziierungsabkommens mit Israel über Handelssanktionen bis zur Sanktionierung der rechtsradikalen Minister im israelischen Kabinett.

Mit Blick auf die Differenzen mit der spanischen Regierung in der Nahost-Politik betonte Merz: “Für die Bundesregierung steht die Anerkennung palästinensischer Staatlichkeit gegenwärtig nicht zur Debatte. Eine solche Anerkennung sehen wir weiter als einen der letzten Schritte auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung.” Merz fügte hinzu, dass man aber die Befürchtung teile, dass Israel im besetzten palästinensischen Westjordanland Gebiete annektiere, die die angestrebte Zwei-Staaten-Lösung noch weiter erschweren würden.

Anders als die spanische Regierung wollte sich Merz nicht der Einschätzung eines UN-Berichts anschließen, dass es sich im Gazastreifen um einen Völkermord an den Palästinensern handelt. Es sei sehr wichtig, dass Kritik an der israelischen Regierung nie zur Hetze gegen Jüdinnen und Juden missbraucht werden dürfe. “Darüber sollten wir uns in Europa einig sein”, mahnte Merz.

Spaniens Ministerpräsident warf Israels Regierung jedoch vor, mit einer völlig falschen Strategie den Terror nicht zu besiegen, sondern mit nun 65.000 Toten im Gazastreifen noch zu fördern. “Das Ergebnis dieser Strategie wird nicht nur ein isolierteres Israel, sondern auch ein unsichereres Israel sein und eine ganze Region, die noch sehr viel unsicherer sein wird als vor dem Attentat der Hamas”, betonte Sanchez.

Beide Regierungen teilten “die tiefe Sorge über die humanitäre Lage in Gaza und die laufende Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte gegen Gaza-Stadt”, betonte Merz. Auch er halte das Vorgehen der israelischen Armee für unverhältnismäßig und falsch. Zugleich müsse man aber immer sehen, dass die radikal-islamische Hamas diesen Krieg mit dem Überfall am 7. Oktober 2023 begonnen habe und ihn jederzeit sofort mit der Freilassung der noch inhaftierten Geiseln stoppen könne.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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