Berlin (Reuters) – Der Bund muss sich wegen schuldenfinanzierter Investitionen in diesem Jahr deutlich mehr Geld von Investoren leihen.
Im anstehenden vierten Quartal sollen insgesamt 15 Milliarden Euro mehr am Finanzmarkt eingesammelt werden als bislang geplant, wie die mit dem Schuldenmanagement des Bundes betraute Finanzagentur am Donnerstag mitteilte. “Die Anpassung erfolgt – wie auch schon im dritten Quartal – vor dem Hintergrund des Finanzpakets der Bundesregierung für Infrastruktur und Verteidigung”, hieß es zur Begründung. Für das zu Ende gehende dritte Quartal wurde bereits 19 Milliarden Euro mehr anvisiert als ursprünglich vorgesehen.
2025 insgesamt sollen damit über den Verkauf von Bundeswertpapieren rund 425 Milliarden Euro in die Staatskassen gespült werden. Geplant waren ursprünglich 380 Milliarden Euro. Trotz des Anstiegs wäre dies die niedrigste Summe seit 2020. Wegen der Bekämpfung der Corona-Krise und der Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine erreichte die Schuldenaufnahme 2023 den Rekordwert von einer halben Billion Euro, ehe sie 2024 auf 439 Milliarden Euro sank.
“KEINE 50-JÄHRIGEN”
Die Finanzagentur will nach Rücksprache mit Investoren keine Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 50 Jahren herausgeben. Damit bleiben die 30-Jährigen die mit der längsten Laufzeit. Man habe “sehr intensiv mit vielen Investoren, aber auch Banken” die mögliche Nachfrage für diesen Bereich analysiert, sagte Finanzagentur-Geschäftsführer Tammo Diemer auf einer Pressekonferenz. Das Ergebnis laute, dass es nur eine sehr isolierte strukturelle Nachfrage nach 50-jährigen Bundeswertpapieren gebe. “Das heißt: Der Bund wird keine 50-jährigen Anleihen begeben”, sagte Diemer. Der Bund werde sich mit den bisher bekannten Instrumenten refinanzieren. Im Juni hatte Diemer gesagt, dass die internen Voraussetzungen für dieses Segment geschaffen worden seien.
“Was wir erleben, ist eine gute Nachfrage in Bundeswertpapieren, insbesondere im ganz langen Laufzeitenbereich von Zentralbanken”, sagte Diemer. Ob dahinter bisherige Investoren von Dollar-Anleihen steckten, lasse sich nicht deutlich erkennen. Es gebe hier bestenfalls “anekdotische Anzeichen” für solche Bewegungen.
Diemer zufolge profitiert der Bund von der politischen und Haushaltskrise in Frankreich in Form einer guten Nachfrage nach seinen Papieren. Wann immer das Bedürfnis bestehe, Geld in einen sicheren Hafen zu bringen, profitierten Bundeswertpapiere davon. “Und das konnten wir jetzt auch in den letzten Wochen sehen”, sagte Diemer. Die US-Ratingagentur Fitch bewertet die Kreditwürdigkeit von Frankreich wegen der politischen Krise und steigender Schulden so schlecht wie noch nie. Sie senkte vergangene Woche ihre Bonitätsnote für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone auf A+ von zuvor AA-. Damit wird Käufern von französischen Staatsanleihen aber immer noch “ein sehr geringes Ausfallrisiko” für ihr Investment bescheinigt. Ein schlechteres Bonitätszeugnis könnte aber die Kosten für die Refinanzierung der Staatsschulden erhöhen.
Deutschland ist wegen seiner Top-Bonitätsnote AAA ein gefragter Schuldner. Ob Pensionsfonds, Zentralbanken oder Versicherer: Viele Investoren decken sich gern mit deutschen Staatsanleihen ein. Um Anlegern aber den Kauf von zusätzlichen Bundesanleihen im Wert von Hunderten Milliarden Euro schmackhaft zu machen, müssen sie wohl mit höheren Zinsen gelockt werden. Die Zinskosten für den Staat dürften steigen, erwarten Ökonomen.
Trotz steigender Schulden und hartnäckiger Konjunkturflaute hat die europäische Ratingagentur Scope ihre Bestnote für die Kreditwürdigkeit Deutschlands gerade bestätigt. Die Bewertung werde bei AAA belassen, gaben die Bonitätswächter am Freitag bekannt. Der Ausblick bleibt zudem “stabil”, womit vorerst keine Änderung zu erwarten ist.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Rüttger – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)