Bundesregierung hält sich Entscheidung über Sanktionen gegen Israel offen

Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung hält sich die Entscheidung offen, ob sie die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Sanktionen gegen Israel wegen der Gaza-Bodenoffensive unterstützt.

“Die Bundesregierung hat sich noch keine abschließende Meinung darüber gebildet”, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius am Mittwoch. In der Regierung sieht man trotz der Offensive keinen Zeitdruck, weil sich der EU-Rat Ende Oktober mit dem Thema beschäftigen will. An der grundsätzlichen Haltung, dass man an der Seite Israels stehe, aber die Gaza-Offensive falsch finde, habe sich nichts geändert, sagte der Sprecher.

Dass die Bundesregierung EU-Sanktionen nicht sofort ablehnt, ist eine kleine Kurskorrektur. Bisher hatte sie nur die Genehmigung deutscher Rüstungsexporte an Israel im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg ausgesetzt. Innerhalb der schwarz-roten Koalition wächst vor allem aus der SPD Druck, dass auch Deutschland angesichts der Gewalt im Gazastreifen EU-Sanktionen unterstützen soll. Dies lehnt innerhalb der Koalition vor allem die CSU ab. Der Regierungssprecher sagte, dass Sanktionen zielgerichtet sein müssten.

In Regierungskreisen hieß es, dass es bei dem Thema drei Ebenen der Diskussion gebe. Zum einen müsse man sehen, ob man die israelische Regierung mit EU-Sanktionen wirklich zum Einlenken bewegen könne – daran habe man große Zweifel. Zum anderen gehe es um die Stimmung in Deutschland, wo die Kritik am Vorgehen Israels gegen die Palästinenser immer lauter wird. Drittens muss Kanzler Friedrich Merz die Koalition mit ihren unterschiedlichen Sichtweisen zusammenhalten.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat verschiedene Sanktionen ins Spiel gebracht: So könnten Sanktionen gegen die rechtsradikalen Mitglieder der Regierung von Benjamin Netanjahu verhängt werden, die offen die Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen und die Annexion der israelisch besetzten Palästinensergebiete im Westjordanland fördern. Denkbar ist auch die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel oder die Aufkündigung der israelischen Teilnahme an europäischen Wissenschaftsprogrammen.

Im Kreis der 27 EU-Staaten ist Deutschland zusammen mit Ländern wie Ungarn oder Österreich weitgehend isoliert. Viele enge Partner wie Frankreich oder auch außerhalb der EU Großbritannien wollen einen palästinensischen Staat anerkennen, um eine israelische Annexion zu erschweren.

Israel startete die Offensive im Gazastreifen im Oktober 2023, nachdem die radikalislamische Hamas den Süden des Landes angriff. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1200 Menschen getötet und 251 als Geiseln genommen. Bei dem israelischen Angriffen auf die Hamas sind nach palästinensischen Angaben mehr als 64.000 Menschen ums Leben gekommen.

(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Thomas Seythal)

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