Inflation im Euroraum bleibt doch auf EZB-Zielmarke von 2,0 Prozent

Berlin (Reuters) – Die Inflation in der Euro-Zone verharrt auf der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent und fällt damit etwas geringer aus als zunächst angenommen. Die Teuerungsrate in den 20 Euro-Ländern blieb im August auf dem Wert von Juli und Juni, wie das Statistikamt Eurostat am Mittwoch erklärte und damit eine Schätzung von Anfang September revidierte. Ursprünglich hatte die Behörde einen Anstieg auf 2,1 Prozent gemeldet. Die EZB peilt auf mittlere Sicht eine Teuerungsrate von zwei Prozent an, weil sie dieses Niveau als optimal für die Konjunktur in der Währungsgemeinschaft ansieht. Von Juli auf August zogen die Verbraucherpreise im Schnitt um 0,1 Prozent an.

Die EZB hatte vorige Woche auf ihrer ersten Zinssitzung nach der Sommerpause wie im Juli die Füße stillgehalten. Die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde ließen den Leitzins im Euro-Raum, also den Einlagesatz, bei 2,0 Prozent. Lagarde hielt sich bedeckt dazu, wie es mit den Zinsen weitergehen soll. Die nächsten Zinsentscheide der Euro-Notenbank stehen am 30. Oktober und am 18. Dezember an.

In den USA hingegen wird allgemein damit gerechnet, dass die Notenbank Fed noch am Mittwochabend erstmals in diesem Jahr die Zinsen senkt. Volkswirte gehen mit großer Mehrheit davon aus, dass die Währungshüter den Leitzins um einen viertel Prozentpunkt auf eine Spanne von 4,0 bis 4,25 Prozent reduzieren und damit auf die Abkühlung am US-Arbeitsmarkt reagieren. “Ein ‘großer Zinsschritt’ um 50 Basispunkte wäre angesichts der immer noch andauernden Inflation oberhalb von zwei Prozent aber das falsche Signal, zumal das Risiko hoch ist, dass US-Firmen die höheren Produktionskosten aufgrund der Zölle vermehrt einpreisen”, sagte Lena Dräger vom Kiel Institut für Weltwirtschaft. “Dies würde die Inflation weiter antreiben.”

EZB-VIZE MACHT SICH FÜR UNABHÄNGIGKEIT DER NOTENBANKEN STARK

Dienstleistungen in der Euro-Zone verteuerten sich im August auf Jahressicht überdurchschnittlich um 3,1 Prozent. Die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak kletterten um 3,2 Prozent, nach 3,3 Prozent im Juli. Die Energiepreise sanken um 2,0 Prozent und damit weniger stark als in den vier Monaten davor. Die Kerninflation, bei der die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, lag wie seit Mai bei 2,3 Prozent. Die Währungshüter der EZB haben dieses Maß besonders im Blick, da es zugrundeliegende Inflationstrends gut widerspiegelt.

US-Notenbank-Chef Jerome Powell steht unter massivem Druck von Präsident Donald Trump, die Zinsen spürbar zu senken. Vor diesem Hintergrund hat EZB-Vizechef Luis de Guindos die Bedeutung unabhängiger Notenbanken hervorgehoben. Eine unabhängige Zentralbank sei der beste Schutz vor hoher Inflation, sagte der Stellvertreter von EZB-Präsidentin Lagarde in einem Interview der Zeitung “Welt”. “Nur wenn die Investoren und Verbraucher ihr zutrauen, für stabile Preise zu sorgen, bleiben die Inflationserwartungen niedrig.” Andernfalls drohe eine gefährliche Spirale aus steigenden Löhnen und Preisen. Besonders kritisch werde es, wenn die Geldpolitik durch die Finanzpolitik eingeschränkt werde.

(Bericht von Klaus Lauer, Mitarbeit von Frank Siebelt, redigiert von Christian Rüttger – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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