– von Andreas Rinke
Berlin (Reuters) -Bei den NRW-Kommunalwahlen ist die CDU vor der SPD laut Hochrechnungen am Sonntag stärkste Partei geworden. Während die Grünen gegenüber der letzten Wahl 2020 stark absackten, wurde die AfD mit großen Stimmenzuwächsen drittstärkste Kraft im bevölkerungsreichsten Bundesland. Bei den Oberbürgermeisterwahlen zeigte sich am Abend, dass in vielen Städten Stichwahlen nötig sind – mit unterschiedlichen Konstellationen zwischen Kandidaten von CDU, SPD, Grünen und AfD.
Nach der dritten Hochrechnung kurz vor 20.30 Uhr erzielte die CDU 34,6 Prozent und legte leicht um 0,3 Prozentpunkte gegenüber 2020 zu. Die SPD landete als zweitstärkste Kraft bei 22,0 Prozent (minus 2,3). Dies ist das schlechteste Ergebnis der SPD bei Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen, das von einigen erwartete “Desaster” für die Sozialdemokraten blieb laut SPD-Co-Chefin Bärbel Bas aber aus. Die Grünen verloren deutlich auf 12,9 Prozent (minus 7,1). Die AfD verdreifachte dagegen ihren Stimmenanteil auf 15,3 Prozent (plus 10,2). Die FDP erreichte nur 3,3 Prozent (minus 2,3), die Linke stieg auf 5,3 Prozent (plus 1,5). Durch die späte Auszählung der Briefwahl-Unterlagen kann es noch zu leichten Verschiebungen kommen.
Bei den Oberbürgermeisterwahlen kommt es wie erwartet zu zahlreichen Stichwahlen in zwei Wochen – meist zwischen den Kandidaten von SPD und CDU wie etwa in Dortmund, Essen, Solingen und Bielefeld. In Köln lag um 20.57 Uhr die Grünen-Kandidatin vor dem SPD-Bewerber. Dagegen schaffte es die AfD wahrscheinlich in Gelsenkirchen und Duisburg in die Stichwahl. Allerdings werden der AfD in keiner Stichwahl Chancen auf einen Sieg zugetraut.
WÜST FEIERT CDU ALS SIEGER – BAS WILL SCHNELLE INVESTITIONEN
“Das Wahlziel ist erreicht. Wir sind die Kommunalpartei Nummer eins”, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in der ARD. Er betonte, dass die CDU ein deutlich besseres Ergebnis als im Bund erzielt habe, wollte aber keine Schlussfolgerungen für die Bundesebene abgeben. Laut Infratest Dimap konnte die CDU vor allem bei den über 60-Jährigen punkten (41 Prozent). Auch die SPD war in dieser Altersgruppe mit 28 Prozent besonders stark. Von Wählerinnen und Wählern unter 60 Jahren erhielten dagegen AfD, Grüne und Linke mehr Stimmen als bei den über 60-Jährigen. Bei der Befragung der Wähler zeigte sich, dass die Wirtschaftslage für sie das wichtigste Thema war.
SPD-Co-Chefin Bas sieht es nach den Verlusten ihrer Partei bei den NRW-Kommunalwahlen als Aufgabe der SPD an, “wieder die Politik zu machen, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bewegt”. Mit Blick auf den Bund forderte sie im WDR, dass die vereinbarten Investitionen nun schnell umgesetzt werden müssten. Insbesondere die Menschen im Ruhrgebiet müssten merken, dass das, was sich die Bundesregierung vorgenommen habe, “dann jetzt auch spürbar in den Gemeinden ankommt”.
Grünen-Co-Chef Felix Banaszak räumte eine schwere Niederlage ein, hoffte aber darauf, dass die Grünen bei den OB-Wahlen in einigen Städten punkten konnten. “Das ist Ausdruck einer doch recht fundamentalen Verschiebung einfach der politischen Lage, übrigens nicht nur in Deutschland, sondern weit darüber hinaus. Ökologische, progressive Politik hat es gerade schwer”, sagte er im WDR.
JUBEL UND BESORGNIS ÜBER AFD-ERGEBNIS
AfD-Co-Chef Tino Chrupalla sprach von einem großen Erfolg seiner Partei. Die AfD sei jetzt Volkspartei. “Die AfD hat ihre Wählerschaft zementiert”, sagte auch die Gelsenkirchener AfD-Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias im WDR. “Es ist nicht mehr ein reines Frustwählen oder ein wahltaktisches Vorgehen.” Die AfD erreichte laut Infratest Dimap ihre größten Stimmenzuwächse in der Altersgruppe von 35 bis 59 Jahren.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, bezeichnete die deutliche Stärkung der AfD gegenüber dem “Handelsblatt” als “ein Warnsignal für internationale Investoren und auch für einheimische Unternehmen”.
NRW-Ministerpräsident Wüst sagte zwar, das Wahlergebnis der AfD müsse allen anderen Parteien zu denken geben. Allerdings wies er darauf hin, dass die AfD in einem Drittel der Kommunen gar keine Kandidaten aufgestellt habe. “Hier von einer Westwanderung zu sprechen, ist so undifferenziert nicht richtig”, sagte er.
Die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen wurde mit 58,5 Prozent angegeben, ein deutlicher Anstieg gegenüber 2020. Das Wahlalter lag bei 16 Jahren, auch Bürger aus anderen EU-Staaten konnten wählen.
(redigiert von Hans BusemannBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)