Spahn mahnt zur Disziplin bei Rente – Söder fordert Bewegung von allen

Berlin/Johannesburg (Reuters) -Unionsfraktionschef Jens Spahn hat die Kritiker des geplanten Rentenpakets in den eigenen Reihen zur Disziplin aufgerufen und auf die Regierungsfähigkeit der Koalition gepocht. “Diese Koalition muss regierungsfähig sein, wenn wir etwas erreichen wollen für unser Land”, sagte der CDU-Politiker dem “Münchner Merkur” (Montagausgabe) laut Vorabbericht. “Ich gehe davon aus, dass wir uns einigen”, sagte Kanzler Friedrich Merz (CDU) im Interview mit RTL/ntv am Rande des G20-Gipfels in Johannesburg in Südafrika. “Das wird noch ganz schön knifflig”, räumte CSU-Chef Markus Söder ein. “Am Ende werden sich alle etwas bewegen müssen”, sagte Söder am Sonntagabend der ARD. Dies gelte auch für die SPD – “und auch die Älteren in der Union werden das ein oder andere runterschlucken müssen, was ihnen vielleicht nicht so gefallen hat, von den Jungen.”

Spahn sagte, für den Koalitionspartner SPD seien stabile Renten ein entscheidendes Thema. Dies im Gesamtgefüge abzuwägen, sei “klassische Verantwortungsethik”. Die Koalition brauche eine eigene Mehrheit und dürfe nicht auf Stimmen anderer Fraktionen angewiesen sein. Gleichzeitig bescheinigte Spahn den Kritikern, vor allem aus der Jungen Gruppe der Fraktion, bereits Erfolge mit ihrem Protest erzielt zu haben. Die geplante Rentenkommission werde nun früher eingesetzt, schneller Ergebnisse liefern und einen umfassenderen Auftrag erhalten als ursprünglich geplant. Demnach soll die Kommission noch im Dezember ihre Arbeit aufnehmen und in einem halben Jahr Ergebnisse vorlegen. Themen seien etwa die Lebensarbeitszeit, mehr private Vorsorge und das Versorgungsniveau. Spahn bestätigte, dass dabei auch über ein höheres Renteneintrittsalter als 67 Jahre gesprochen werden müsse.

SPD: RENTE SOLL BIS 2031 STABIL SEIN – “KEINE ABBRUCHKANTE”

SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf bezeichnete es als wichtig, über das Paket so im Kern abzustimmen. Das Rentenniveau müsse bis 2031 stabil sein und danach dürfe es nicht zu einer “Abbruchkante” kommen, sagte er in der ARD-Sendung “Bericht aus Berlin”. Man sei weit davon entfernt, die Koalition platzen zu lassen. Es gehe jetzt darum, gemeinsam Vertrauen zu entwickeln, dass man in der Rentenkommission strukturelle Reformen für die Zukunft diskutieren und am Ende auch beschließen werde – “und wir das nicht nur als Absichtserklärung machen, sondern uns auch wirklich gemeinsam in die Hand versprechen”.

Gedankenspielen über eine Minderheitsregierung für den Fall eines Scheiterns der Koalition von Union und SPD am Rentenstreit erteilte Spahn eine klare Absage. “Eine Minderheitsregierung ist sicher keine Alternative, das führt ins Chaos und in die Unregierbarkeit”, sagte er. Ein Koalitionsbruch würde seinen Worten zufolge direkt zu Neuwahlen führen. Ähnlich äußerte sich Söder. Seiner Meinung nach würden ein Scheitern der Koalition oder eine Minderheitsregierung nur die AfD stärken, bekräftigte er. Der CSU-Chef lehnte es auch ab, den Beschluss zum Rentenpaket zu verschieben. “Wir wollen entscheiden in diesen schweren Zeiten.”

Merz verwies im ARD-Interview darauf, dass Spahn Gespräche führe, die er begleite. “Es geht nicht um die kurzfristigen Entscheidungen über die Rente, sondern es geht um die Zeit nach 2031”, betonte er in Anspielung auf die Rentenkommission, die Vorschläge für eine grundsätzliche Reform vor der Sommerpause 2026 vorlegen soll. “Und da bin ich sehr zuversichtlich, dass uns da Lösungen auch möglich werden.”

(Bericht von Klaus Lauer und Andreas Rinke, redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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