Frankfurt (Reuters) – Der Pharmakonzern Merck will mit Investitionen in den USA drohende Zölle umgehen.
“Wir verhandeln derzeit noch darüber, wie genau diese Ausnahmen für unser Portfolio gelten werden”, sagte Finanzchefin Helene von Roeder am Donnerstag in einer Telefonkonferenz zum dritten Quartal. Die Gespräche sind Teil einer im Oktober getroffenen Vereinbarung mit dem US-Handelsministerium: Demnach sollen pharmazeutische Produkte und Inhaltsstoffe von Zöllen befreit werden, wenn Merck im Gegenzug in die biopharmazeutische Herstellung und Forschung in den USA investiert. Konkret könnten sich Investitionen aus der geplanten Einführung des Fruchtbarkeitsmedikaments Pergoveris in den USA ergeben, sagte von Roeder. “Wir müssten auf jeden Fall in den USA investieren, um die Märkte bedienen zu können, da wir künftig zusätzliche Kapazitäten bereitstellen müssen.” Eine mögliche Summe nannte sie jedoch nicht.
Die Managerin betonte die bereits starke Präsenz des Darmstädter Unternehmens in den USA. “Insgesamt fühlen wir uns bereits ziemlich amerikanisch.” Im Rahmen der Vereinbarung mit der US-Regierung will Merck seine Fruchtbarkeitsbehandlungen berechtigten Patientinnen über Direktvertrieb anbieten und damit zu deutlich reduzierten Preisen. Eine Ausweitung dieses Modells auf andere Bereiche schloss von Roeder jedoch aus. Therapiegebiete wie die Onkologie oder Multiple Sklerose seien dafür zu komplex. Im Life-Science-Geschäft wolle Merck potenzielle Zölle wiederum mit Preiserhöhungen abfedern, bekräftigte die Finanzchefin. “Das ist derzeit unsere Planung.” Merck ist in den USA mit mehr als 14.000 Beschäftigten an über 70 Standorten vertreten und hat in den vergangenen Jahren bereits mehr als 500 Millionen in den Ausbau von Produktions- und Forschungskapazitäten dort investiert.
US-Präsident Donald Trump hatte die Pharmabranche im September mit der Ankündigung hoher Zölle von 100 Prozent auf importierte Marken- oder patentgeschützte Pharmaprodukte in Aufruhr versetzt, für die es nur eine Ausnahme beim Bau einer Produktionsstätte in den USA geben soll. Er hatte zudem zu Jahresbeginn eine Verordnung unterzeichnet, die die Regierung anweist, den Zugang zur künstlichen Befruchtung zu erweitern und die Kosten für die Behandlung zu senken.
MERCK WILL NICHT MIT “PHARMA-GORILLAS” KONKURRIEREN
Im abgelaufenen Quartal erzielte Merck trotz starken Gegenwinds von negativen Währungseffekten einen überraschend hohen operativen Gewinn. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um gut drei Prozent auf 1,67 Milliarden Euro und lag damit deutlich über den Analystenerwartungen von 1,56 Milliarden. Der Umsatz legte um ein Prozent auf 5,3 Milliarden Euro zu. Ein organisches Wachstum von gut fünf Prozent glich dabei negative Währungseffekte mehr als aus.
Anleger reagierten positiv: Die im Leitindex Dax notierten Merck-Aktien stiegen zeitweise um mehr als acht Prozent auf 125,60 Euro, den höchsten Stand seit einem halben Jahr.
Für 2025 engte Merck seine Prognose ein. Der Konzern rechnet nun mit einem Umsatz zwischen 20,8 und 21,4 Milliarden Euro und einem bereinigten Ergebnis von 6,0 bis 6,2 Milliarden. Bislang waren ein Umsatz von 20,5 bis 21,7 (Vorjahr: 21,2) Milliarden Euro und ein Ergebnis von 5,9 bis 6,3 (6,1) Milliarden Euro in Aussicht gestellt worden. “Wir haben in allen drei Unternehmensbereichen ein solides organisches Wachstum erzielt”, erklärte Merck-Chefin Belén Garijo.
Wachstumstreiber waren vor allem das Geschäft mit Produkten für die Arzneimittelherstellung sowie die neue Sparte für seltene Krankheiten, die aus der drei Milliarden Euro schweren Übernahme der US-Biotechfirma SpringWorks in diesem Jahr hervorging. Zudem profitierte Merck von einer starken Nachfrage nach seinem Multiple-Sklerose-Mittel Mavenclad und dem Halbleitergeschäft, das vom Boom bei Künstlicher Intelligenz (KI) angetrieben wird. Für Mavenclad droht in den USA jedoch Konkurrenz durch Nachahmerprodukte: Ein US-Berufungsgericht hatte kürzlich zwei wichtige Patente für ungültig erklärt.
Bei Zukäufen will sich Merck nach dem Kauf von SpringWorks weiterhin auf das Geschäft mit Life Science konzentrieren, bekräftigte von Roeder. Im Pharmageschäft gehe es vor allem darum, die Produktpipeline aufzufüllen. Dabei schaue sich der Konzern nach kleineren Ergänzungen um. Man konkurriere nicht mit den “riesigen Pharma-Gorillas”, sagte die Finanzchefin.
(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)









