Frankfurt (Reuters) – Die Freude über das Ende des längsten Regierungsstillstandes in der US-Geschichte hat an den europäischen Börsen nur kurz angehalten.
Der Dax, der zuletzt deutlich zugelegt hatte, gab am Donnerstag 0,5 Prozent auf 24.257 Punkte nach. Der EuroStoxx50 hielt sich mit einem Aufschlag von 0,2 Prozent nur knapp im Plus. “Der US-Shutdown ist beendet, aber die Unsicherheit bleibt”, fasste Experte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets die Stimmung zusammen. Investoren werden wohl auch nach der Wiederaufnahme der Datenerhebung durch die US-Bundesbehörden noch einige Zeit auf verlässliche Inflations- oder Arbeitsmarktzahlen warten müssen. Die nächste Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed dürfte mit eingeschränkter Sicht erfolgen, prognostizierte Kyle Rodda von Capital.com.
Präsident Donald Trump unterzeichnete am Mittwoch (Ortszeit) ein Gesetz, das die Finanzierung des Bundeshaushalts zunächst bis zum 30. Januar sichert. Zuvor hatte nach dem Senat auch das Repräsentantenhaus für den Gesetzeskompromiss gestimmt, auf den sich Trumps Republikaner und die oppositionellen Demokraten verständigt hatten. Damit können Hunderttausende Bundesbedienstete an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, unterbrochene Lebensmittelhilfen wieder aufgenommen und die Beschränkungen im Flugverkehr behoben werden.
Ob alle Konjunkturdatenlücken geschlossen werden, ist noch unklar. Der Regierung zufolge könnte es sein, dass die Berichte zum Arbeitsmarkt und zur Inflation für den Monat Oktober möglicherweise nie veröffentlicht werden. Fed-Chef Jerome Powell hatte bereits zu Bedenken gegeben, dass angesichts des staatlichen Datenblackouts ein vorsichtiges Vorgehen beim Zinskurs naheliege. Die US-Notenbank hatte Ende Oktober zum zweiten Mal in diesem Jahr ihren Leitzins gesenkt – auf eine Spanne von nun 3,75 bis 4,00 Prozent. Der nächste Zinsentscheid steht im Dezember an.
BILANZFLUT HÄLT ANLEGER AUF TRAB
Abseits des Shutdown-Endes in den USA mussten sich die Anleger am deutschen Aktienmarkt vor allem mit einer Flut von Unternehmensbilanzen auseinandersetzen. Durchstarten konnten dank eines überraschend hohen Gewinns im dritten Quartal die Merck-Aktien. Die Papiere des Pharma- und Technologiekonzerns stiegen in der Spitze um 8,6 Prozent auf 125,60 Euro und waren damit Spitzenreiter im Dax. Auf der Verliererseite fand sich dagegen Siemens wieder, obwohl der Technologiekonzern im Geschäftsjahr 2024/25 mit 10,4 Milliarden Euro erneut einen Rekordgewinn erwirtschaftet hat. Einem Händler zufolge belasteten Gewinnmitnahmen die Aktien. Zudem sei der Ausblick auf das bereinigte Ergebnis je Aktie im laufenden Geschäftsjahr auf den ersten Blick etwas verhalten. Die Siemens-Papiere verloren mehr als fünf Prozent. Am Mittwoch waren sie noch zeitweise um 2,1 Prozent auf ein Rekordhoch von 252,65 Euro gestiegen. Auf Jahressicht haben sie mehr als 30 Prozent zugelegt – der Dax kommt im selben Zeitraum auf ein Plus von gut 22 Prozent.
Abwärts ging es im Dax auch für die Aktien von Siemens Healthineers, die 2,7 Prozent nachgaben. Am Mittwoch hatte der Siemens-Aufsichtsrat den Rückzug aus der Medizintechnik-Tochter abgesegnet, an der der Münchner Konzern noch 67 Prozent hält.
BILFINGER UND DELIVERY HERO STARTEN NACH ZAHLEN DURCH
Im MDax konnten Bilfinger und Delivery Hero mit ihrem Zahlenwerk punkten – die Aktien legten jeweils rund neun Prozent zu. Bei dem Essenslieferdienst Delivery Hero sorgte die Hoffnung auf eine Erholung des lange schwächelnden asiatischen Marktes für Kauflaune. Der Industriedienstleister Bilfinger steigerte dank robuster Nachfrage im Energiesektor Umsatz und Gewinn im dritten Quartal. Die Erlöse und das operative Ergebnis (Ebita) seien etwas besser als erwartet ausgefallen, sagte ein Händler.
An der Londoner Börse trug der Umbau des britischen Luxusmodehauses Burberry erste Früchte. Das für seine Trenchcoats und Schals mit Karomuster bekannte Unternehmen steigerte den flächenbereinigten Umsatz im zweiten Quartal um zwei Prozent und übertraf damit die Erwartungen von Analysten. Es ist das erste Wachstum nach sieben Quartalen mit Einbußen. Die Aktien schossen in der Spitze um 8,5 Prozent in die Höhe.
(Bericht von: Daniela Pegna, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)









