München/Bangalore (Reuters) – Erneuter Rückschlag für Boeing: Nach dem Debakel um den Kurzstrecken-Bestseller 737 MAX entwickelt sich nun die neue Langstrecken-Baureihe 777X zur Belastung.
Weil sich die Zulassung der Maschinen weiter verzögert, kommen die Flugzeuge nun erst Anfang 2027 auf den Markt. Boeing schrieb deswegen nach Angaben vom Mittwoch weitere fast fünf Milliarden Dollar ab. Der Airbus-Rivale habe zwar mehr als 4000 Test-Flugstunden mit den neuen Maschinen absolviert, das seien mehr als doppelt so viele wie sonst üblich, sagte Boeing-Chef Kelly Ortberg. “Trotzdem müssen wir aber immer noch einen signifikanten Teil des Zertifizierungsprogramms absolvieren.”
Boeing erklärte, man sei zwar unzufrieden mit dem verzögerten Zeitplan, das Flugzeug schneide bei Flugtests aber weiterhin gut ab. Die milliardenschwere Rückstellung drückte das Unternehmen im dritten Quartal tief in die roten Zahlen. Der Nettoverlust summierte sich auf 5,34 Milliarden Dollar. Analysten hatten zwar mit einem Verlust gerechnet, aber nicht in dieser Höhe. Der Umsatz übertraf mit 23,3 Milliarden Dollar aber die Analystenschätzungen deutlich.
Die Abschreibung von 4,9 Milliarden Dollar sei deutlich höher als erwartet, sagte Richard Aboulafia, Direktor des Beratungsunternehmens AeroDynamic Advisory. Der hochverschuldete Flugzeugbauer dürfte zwar nicht daran zerbrechen, “aber es wirft Fragen auf, ob noch weitere Überraschungen kommen”.
Mit der 777X wollte Boeing im Geschäft mit Langstreckenmaschinen wieder Boden gutmachen. Ursprünglich sollten die Flieger, die im Wettbewerb mit den Airbus-Flugzeugen vom Typ A350 stehen, bereits 2020 auf den Markt kommen. Doch der Zeitplan musste immer wieder verschoben werden. Die Belastungen summieren sich mittlerweile auf 15 Milliarden Dollar.
Inzwischen bestehe Knappheit bei Langstreckenflugzeugen, sagte der Chef des Flugzeug-Leasingunternehmens AerCap, Aengus Kelly. Berater Aboulafia verwies auf die steigende Nachfrage nach Langstreckenflugzeugen. Einige Kunden könnten nun die Geduld verlieren und Entschädigungen verlangen, sagte er. Bislang haben 15 Fluggesellschaften das Flugzeug bestellt.
Beim Kurzstreckenflugzeug 737 MAX kommt Boeing unterdessen voran. Erst vor wenigen Wochen erhielt das Unternehmen von der US-Luftfahrtaufsicht die Erlaubnis, die Produktion auf monatlich 42 Maschinen hochzufahren.
(Bericht von Christina Amann, Alexander Hübner und Shivansh Tiwary, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)










