Berlin (Reuters) – Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich kritisch zur Existenz mehrerer Gewerkschaften in einem Betrieb geäußert.
“Ich bin nicht glücklich mit der Entwicklung, die wir mit den konkurrierenden Gewerkschaften in einigen Unternehmen in Deutschland leider seit einiger Zeit haben”, sagte der Kanzler am Montag in Hannover bei der Industriegewerkschaft IG BCE. “Deswegen ist dies ein klares Plädoyer für die Fortsetzung der Sozialpartnerschaft, aber auch ein klares Plädoyer für die mögliche Beibehaltung der sogenannten … Einheitsgewerkschaft.” Eine frühere Koalition habe verpasst, das Tarifvertragsgesetz zu ändern. “Es wäre besser erhalten geblieben”, sagte Merz. Arbeitnehmervertretungen seien überall dort stark, wo es möglichst wenig Konkurrenz in den eigenen Reihen gebe.
Merz verwies darauf, dass er selbst über “umfangreiche Erfahrung” mit der praktischen Anwendung der Sozialpartnerschaft in den Betrieben habe. “Jeder Unternehmer muss eigentlich glücklich sein, wenn er starke Betriebsräte und starke Arbeitnehmervertretungen in den Betriebsräten und in den Aufsichtsgremien seines Unternehmens hat”, sagte er. Allerdings setze dies voraus, dass sich die Arbeitnehmerseite untereinander einig sei. Es gebe nichts Schlimmeres für ein Unternehmen, sei es mitbestimmt oder nicht, als zerstrittene Arbeitnehmer und zerstrittene Arbeitnehmervertretungen in den Betrieben. “Ein Unternehmen, das entweder im Betriebsrat oder im Aufsichtsrat auf eine zerstrittene Arbeitnehmerseite stößt, ist kaum noch wirklich angemessen handlungsfähig”, betonte er.
Die IG BCE steht als Mitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für das Prinzip der Einheitsgewerkschaft in Deutschland. Ihr Anspruch ist, alle Beschäftigten eines Unternehmens oder einer Branche zu vertreten, unabhängig von der Berufsgruppe oder dem Status. Vor allem bei der Bahn oder in der Luftfahrt in Deutschland haben sich mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit starke Berufsgewerkschaften gebildet, die mit Teilen der Belegschaft bei einem Streik ein ganzes Unternehmen lahmlegen können.
(Bericht von Andreas Rinke; Mitarbeit Holger Hansen. redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)