(Neu: Wadephul, Einzelheiten)
– von Jeff Mason
Washington (Reuters) – Das jüngste Gespräch zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin hat Zweifel an einer Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die Ukraine geweckt.
Trump wollte am Freitag im Weißen Haus in Washington den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj empfangen. Dabei sollte es ursprünglich um die Lieferung der weitreichenden Waffen gehen, die Trump vor ein paar Tagen in Aussicht gestellt hatte. Trump hat nun aber mit Putin vereinbart, schon bald zu einem Gipfel in Ungarn zusammenzukommen. In Europa wurde dies grundsätzlich begrüßt, zugleich aber Zweifel an Putins Bereitschaft zu Friedensverhandlungen geäußert.
Bundesaußenminister Johann Wadephul forderte, dass die Ukraine in jede Vereinbarung über ihr Land einbezogen werden müsse. “Es darf keine Entscheidung über die Ukraine ohne die Ukraine geben”, sagte der Minister bei einem Besuch in Ankara mit Blick auf das geplante Treffen von Trump und Putin. Er verstehe das in Budapest geplante Gespräch als Versuch, Putin zu ernsthaften Verhandlungen mit der Ukraine zu bewegen. “Darauf wird die Ukraine bestehen, und dafür hat sie die Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland.” Im August hatten sich Trump und Putin in Alaska getroffen, die Gespräche blieben allerdings folgenlos.
Am Donnerstag hatte Trump mitgeteilt, er werde Putin möglicherweise innerhalb der nächsten zwei Wochen in Budapest treffen. Dem ging ein mehr als zweistündiges und nach seinen Worten produktives Telefongespräch über den Krieg in der Ukraine voraus. “Ich habe mein ganzes Leben lang Geschäfte gemacht”, sagte Trump später vor Reportern im Weißen Haus. “Ich denke, wir werden dieses hier hoffentlich bald abschließen.” Auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social teilte Trump zudem mit, er werde Selenskyj am Freitag im Oval Office über die Gespräche mit Russland informieren.
EU: TREFFEN MUSS AUSSICHTEN AUF FRIEDEN BRINGEN
Trumps versöhnlicher Ton nach dem Telefonat mit Putin warf Fragen über die kurzfristige Wahrscheinlichkeit von Hilfen für die Ukraine auf und schürte in Europa die Furcht vor einer Kapitulation der USA gegenüber Moskau. In den vergangenen Tagen schien das Weiße Haus eher dazu zu neigen, Selenskyj neue Unterstützung zu gewähren. Trump zeigte sich zunehmend frustriert über Putin. Selenskyj, dessen Beziehung zu Trump als wechselhaft gilt, erklärte, Putin spiele erneut auf Zeit. “Wir sehen bereits, dass Moskau die Wiederaufnahme des Dialogs überstürzt, sobald es von Tomahawks hört”, schrieb er auf der Plattform X.
Die Waffen würden den ukrainischen Streitkräften helfen, die Angriffe auf russische Energieinfrastruktur weit hinter der Grenze zu verstärken, die bereits erheblichen Schaden angerichtet haben. Kreml-Berater Juri Uschakow sagte vor Journalisten, Putin habe Trump in dem Telefonat gesagt, dass die Lieferung von Langstreckenraketen an die Ukraine den Friedensprozess beeinträchtigen und die Beziehungen zwischen den USA und Russland beschädigen würde. Trump bestätigte, dass Putin sich gegen eine solche Lieferung ausgesprochen habe.
Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen Trumps grundsätzlich. Ein Regierungssprecher äußerte sich in Berlin zugleich aber zurückhaltend zu den Erfolgsaussichten. Putin habe bislang keine Bereitschaft signalisiert, ernsthaft über einen Frieden zu sprechen. Insofern sei man “skeptisch”, wie sich Putin bei einem erneuten Treffen mit Trump verhalten werde. Auch die Europäische Kommission begrüßt das Vorhaben, falls dies zum Frieden in der Ukraine beitragen könne. Die Kommission unterstütze Trump in seinen Bemühungen, erklärte ein Sprecher.
AUSWÄRTIGES AMT: UNGARN MÜSSTE ISTGH-STATUT EINHALTEN
Ungarn sicherte Putin mit Blick auf einen bestehenden Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) die Einreise für das Treffen zu. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban beriet sich darüber nach Kreml-Angaben in einem Telefonat mit Putin. Orban habe erklärt, Ungarn sei bereit, die notwendigen Bedingungen für die Ausrichtung des Gipfels zu schaffen. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto sagte zudem, ein Termin für den Gipfel könne nach einem für nächste Woche erwarteten Treffen der Außenminister der USA und Russlands besprochen werden.
Nach Einschätzung des Auswärtigen Amts müsste sich Ungarn bei einer Einreise Putins an die Statuten des Internationalen Strafgerichtshofs halten. Die Regierung in Budapest habe zwar ihren Austritt aus den Statuten erklärt, dieser werde aber erst zum April nächsten Jahres gültig, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Insofern bliebe Ungarn verpflichtet, den gegen Putin geltenden Haftbefehl bei einer Einreise des russischen Präsidenten zu vollstrecken. Ob es aufgrund der möglichen Friedensverhandlungen zwischen Trump und Putin Ausnahmen gebe, müsse Ungarn mit dem Strafgerichtshof klären, sagte der Sprecher weiter. Explizit geklärt sei dies in den Statuten nicht.
Experten werten Putins Vorgehen als Verzögerungstaktik. “Putins Vorstoß scheint darauf ausgelegt zu sein, die potenzielle Weitergabe von Tomahawks an die Ukraine zu vereiteln”, sagte Max Bergmann, Russland-Experte am Zentrum für Strategische und Internationale Studien. Seit seinem Amtsantritt im Januar hat Trump wiederholt Maßnahmen gegen Russland angedroht, diese aber nach Gesprächen mit Putin aufgeschoben.
(Mitarbeit Trevor Hunnicutt, Anita Komuves, Anastasia Lyrchikova, Holger Hansen und Alexander Ratz; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)