Antananarivo (Reuters) -Nach dem Militärputsch in Madagaskar ist Oberst Michael Randrianirina als Präsident vereidigt worden. “Ich werde die hohen Pflichten meines Amtes als Präsident der Republik Madagaskar voll und ganz und gerecht erfüllen”, sagte Randrianirina am Freitag bei der Zeremonie vor dem Hohen Verfassungsgericht. “Ich schwöre, dass ich die mir anvertraute Macht ausüben und all meine Kraft dem Schutz und der Stärkung der nationalen Einheit und der Menschenrechte widmen werde.”
Randrianirina hatte zuvor erklärt, dass das Militär alle staatlichen Institutionen mit Ausnahme des Parlamentsunterhauses, der Nationalversammlung, aufgelöst habe. Ein vom Militär geführter Ausschuss werde zusammen mit einer Übergangsregierung bis zu zwei Jahre regieren, bevor Neuwahlen organisiert würden.
Das Militär hatte diese Woche in dem Inselstaat die Macht übernommen. Vorausgegangen waren von Jugendlichen angeführte Proteste, die den bisherigen Präsidenten Andry Rajoelina zur Flucht ins Ausland zwangen. Rajoelina, den die Abgeordneten nach seiner Flucht am Wochenende des Amtes enthoben hatten, verurteilte die Machtübernahme. Er weigerte sich zurückzutreten, obwohl es zu vielen Desertionen in den Sicherheitskräften gekommen war. Die Afrikanische Union und UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilten den Putsch.
Der neue Machthaber ist kein Unbekannter. Randrianirina war Kommandeur jener Eliteeinheit der Armee, die 2009 am Putsch beteiligt war, der Rajoelina an die Macht brachte. Vergangene Woche hatte er sich jedoch von ihm losgesagt und die Soldaten aufgefordert, nicht auf die Demonstranten zu schießen.
Dem Putsch waren wochenlange Proteste vor allem von jungen Menschen vorausgegangen. Drei Viertel der rund 30 Millionen Einwohner Madagaskars leben in Armut, das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei unter 20 Jahren. Nach Angaben der Weltbank ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf zwischen der Unabhängigkeit 1960 und dem Jahr 2020 um 45 Prozent gesunken.
(Bericht von Lovasoa Rabary, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Christian Rüttger – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)