Merz fordert von EU-Kommission auf Gipfel Zusagen für Bürokratieabbau

Berlin (Reuters) – Bundeskanzler Friedrich Merz strebt auf dem EU-Gipfel kommende Woche Entscheidungen zur Wettbewerbsfähigkeit, einer engeren Rüstungskooperation und zur Nutzung von eingefrorenem russischen Staatsvermögen für die Ukraine an.

In seiner Regierungserklärung im Bundestag forderte er die EU-Kommission am Donnerstag auf, konkrete weitere Vorschläge zum Abbau der Bürokratie zu machen. Mit den bisherigen Schritten, die die Unternehmen um rund acht Milliarden Euro entlasten sollen, sei die Kommission zwar auf dem richtigen Weg. “Aber das reicht noch nicht”, sagte Merz. “Wir brauchen eine systematische Überprüfung des Regelwerkes der EU.”

Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs treffen sich am Donnerstag in Brüssel zu einem eintägigen Gipfel. Die drei Themenfelder – Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigung, russische Vermögen – hatten sie bereits auf dem informellen Gipfel in Kopenhagen vordiskutiert. Nun sollen nach Möglichkeit Entscheidungen fallen.

Merz betonte, dass es gut sei, dass sich das Europäische Parlament nun bei den Vorschriften zu Nachhaltigkeits-Berichtspflichten und der Lieferketten-Richtlinie geeinigt habe. “Diese Vereinfachungen müssen noch in diesem Jahr ins Gesetzblatt”, forderte er. Dies wäre sehr wichtig für Unternehmen.

“Europa wird nur produktiver werden, wenn es sich grundlegend ändert: Schluss mit der Regelungswut, schnellere Verfahren, offene Märkte, mehr Innovation, mehr Machen statt Bedenkentragen”, sagte er. Merz betonte, dass dies kein Widerspruch zu den Klimaschutzzielen der EU sei. Er nannte das “klare Bekenntnis”, auch die Klimaziele bis 2045 “und auch die Zwischenziele im Jahr 2040” zu erreichen. Hintergrund ist der Versuch einiger EU-Regierungen, die Klimaziele für 2040 zu lockern.

MERZ POCHT AUF ENTSCHEIDUNG ZU EINGEFRORENEN VERMÖGEN

Wie vor Kopenhagen pocht der Kanzler auch diesmal darauf, die in Belgien eingefrorenen russischen Staatsvermögen für einen Kredit in Höhe von 140 Milliarden Euro an die Ukraine zu nutzen. “Diese zusätzlichen Mittel sollen ausschließlich zur militärischen Ausrüstung beitragen und in Tranchen ausgezahlt werden”, betonte er. Dies würde die militärische Widerstandsfähigkeit der Ukraine über mehrere Jahre hinweg sichern. Das russische Vermögen ohne Enteignung zu nutzen sei nicht trivial, man müsse aber nun die rechtlichen und politischen Voraussetzungen dafür schaffen. Belgien fordert von den EU-Partnern etwa Garantien, dass es durch etwaige Klagen Russlands nicht belastet wird.

Man müsse Russlands Präsident Wladimir Putin zeigen, dass er nicht den längeren Atem in diesem Krieg habe, sagte Merz. “Putin muss erkennen, dass ihm dieser Krieg teuer zu stehen kommt, und teurer zu stehen kommt als ein verhandelter Frieden.”

Dazu sei auch eine gemeinsame Rüstungspolitik in der EU nötig. Die Europäische Verteidigungsagentur solle dabei dafür sorgen, dass in Europa militärische Systeme künftig gemeinsam entwickelt, produziert und beschafft würden, sagte der Kanzler. Die EU-Kommission will am Nachmittag in Brüssel ihre Vorstellungen für gemeinsame Rüstungsprojekte präsentieren.

SPD-FRAKTIONSCHEF WILL “BUY EUROPEAN”-ANSATZ

Erwartungsgemäß bekam Merz aus der Regierungskoalition weitgehend Zustimmung für seine Rede, während sich die oppositionellen AfD, Grüne und Linke kritisch äußerten. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch forderte aber auch, dass sich der Kanzler auf dem EU-Gipfel sowohl für einen Industriestrompreis als auch ein “Buy European”-Konzept in der EU einsetzen müsse. Die Bundesregierung solle “mit aller Macht” den Zollvorschlag der Europäischen Kommission zur Sicherung der Stahlindustrie unterstützen. In der Bundesregierung gibt es auf Unionsseite dabei Vorbehalte, während die SPD dafür ist, eine “Buy European”-Regelung zur Bevorzugung gerade von umweltfreundlichem Stahl aus Deutschland und Europa einzuführen.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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