Regierung will Krankenkassenbeiträge mit Sofortpaket auf Rekordhoch deckeln

Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung will die Krankenkassenbeiträge mit einem Sofortpaket vorerst auf einem Rekordhoch von durchschnittlich 17,5 Prozent des Bruttolohns stabilisieren.

Das Kabinett beschloss am Mittwoch Maßnahmen, die zu Einsparungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von zwei Milliarden Euro führen sollen. Den größten Beitrag soll eine Begrenzung der Vergütungsanstiege in Krankenhäusern leisten. Ein weiterer Anstieg des Zusatzbeitrages in der GKV werde damit vermieden, erklärte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Auch für die Pflegeversicherung, die mit einem Defizit von 1,7 Milliarden Euro rechnet, sollen die Beiträge stabil bleiben. Die oppositionellen Grünen sprachen von Schnellschüssen.

Aus Sicht von Warken hält die Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD damit Wort, einen weiteren Anstieg der Sozialbeiträge zu verhindern. Diese summieren sich für Rente, Gesundheit, Pflege und Arbeitslosigkeit bereits auf mindestens 42,3 Prozent, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte vom Bruttolohn abführen. Kinderlose Erwachsene zahlen wegen höherer Beiträge in der Pflegeversicherung noch mehr.

“In den letzten Jahren musste zum Jahresende immer eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags verkündet werden”, sagte Warken. “Diese zur Gewohnheit gewordene Routine durchbrechen wir jetzt.” Die Regierung wolle weder die Beitragszahler immer stärker belasten noch die Arbeit immer teurer werden lassen: “Stabile Sozialbeiträge sind ein Beitrag zum notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung in unserem Land.”

Mit welchen Maßnahmen die Regierung einen Beitragsanstieg in der Pflegeversicherung verhindern will, ließ Warken offen. Die Regierung werde rechtzeitig Vorsorge treffen. Als Möglichkeiten nannte sie Leistungskürzungen und ein höheres Bundesdarlehen.

GKV-SCHÄTZERKREIS BERÄT ÜBER ZUSATZBEITRAG

Mit den nun beschlossenen Maßnahmen dürfte laut Warken der durchschnittliche Zusatzbeitrag auf dem heutigen Niveau von etwa 2,9 Prozent stabilisiert werden. Für 2025 hatte die Regierung den Zusatzbeitrag im vorigen Jahr eigentlich auf 2,5 Prozent festgelegt, was bereits einem Anstieg um 0,8 Prozentpunkte entsprach. Die Ausgabenentwicklung überholte die Prognose aber im Laufe des Jahres, so dass bei vielen Krankenkassen der individuell festgelegte Zusatzbeitrag deutlich höher ist. Der reguläre Krankenkassenbeitrag beträgt 14,6 Prozent. Der Schätzerkreis der GKV wollte noch im Laufe des Tages mitteilen, ob durch das Sofortpaket eine weitere Anhebung vermieden wird.

Den größten Beitrag des Sparpakets in der GKV soll eine Begrenzung der Vergütungsanstiege im Klinikbereich leisten, was bis zu 1,8 Milliarden Euro einsparen soll. Dafür wird eine Regelung ausgesetzt, die den Kliniken teils höhere Zuwächse als die tatsächliche Kostenentwicklung garantiert hätte. Zudem wird der Anstieg der Krankenkassen-Sachkosten auf die Inflationsrate von zwei Prozent begrenzt, was etwa 100 Millionen Euro einspart. Schließlich wird die durch die Kassen finanzierte Förderung des Innovationsfonds um die Hälfte auf 100 Millionen Euro gekürzt.

“Die Gesundheitsministerin präsentiert weiterhin kurzfristige Schnellschüsse statt nachhaltiger Reformen, ein Flickwerk ohne Zukunftsperspektive”, kritisierten die Grünen. Stattdessen müssten Kranken- und Pflegeversicherung “jetzt mit ehrlichen Reformen auf ein stabiles Fundament” gestellt werden.

Auch in der schwarz-roten Koalition wird eingeräumt, dass weitere Reformen nötig seien. Für die GKV werde ab 2027 ein Defizit im zweistelligen Milliardenbereich prognostiziert, erklärte Unions-Fraktionsvize Albert Stegemann. “Um die Beiträge für die Krankenkassen stabil zu halten, sind weitergehende Reformen und Einsparungen unumgänglich.” Die von Warken eingesetzte “Finanzkommission Gesundheit” werde daher bereits bis März 2026 erste Vorschläge ausarbeiten.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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