Union und SPD rechnen mit Durchbruch bei Bürgergeld und für Auto-Branche

Berlin (Reuters) – SPD und Union rechnen vor dem heutigen Koalitionsausschuss der schwarz-roten Regierung mit baldigen Einigungen bei den Themen Bürgergeld und Zusagen für die Autobranchen.

Man stehe kurz davor, den Knoten zu durchschlagen, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, am Mittwoch in Berlin mit Blick auf das Bürgergeld. Auch die SPD wolle diese Reform. Personen, die keinen Anspruch auf Bürgergeld hätten und dies ausnutzten, müssten sanktioniert werden – ebenso jene, die sich einer Mitwirkung bei der Vermittlung entzögen. In Unionskreisen gibt man sich ähnlich optimistisch.

Um 17 Uhr soll im Kanzleramt der Koalitionsausschuss mit den Spitzen von CDU, CSU und SPD beginnen. Es wird mit einer langen Sitzung gerechnet – und Durchbrüchen in einer Reihe von Themen. Neben dem Bürgergeld soll es etwa um die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, Hilfe für angeschlagene Branchen wie Auto und Stahl gehen – und nach Angaben von Wiese auch um die Beitragsstabilität in den Sozialversicherungssystemen.

Am Donnerstag hat Kanzler Friedrich Merz zudem Autokonzerne, Zulieferer, Gewerkschaften und die Ministerpräsidenten der Auto-Länder wegen der Probleme der Branche zu einem Dialog geladen. “Kein Koalitionspartner hat ein Interesse, die starke Säule Automobilindustrie zu verlieren”, sagte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU).

ANNÄHERUNG BEI BÜRGERGELD

Bereits am Dienstag hatten sich Unions- und SPD-Politiker optimistisch gezeigt, dass es im Koalitionsausschuss eine Einigung über die erste Stufe der Reform des Bürgergelds geben kann, das künftig Grundsicherung heißen soll. “Ich sage das auch mal ganz offen: Das bisherige Bürgergeld ist der Grund, dass die SPD bei der Bundestagswahl bei 16 Prozent gelandet ist”, sagte der SPD-Politiker Wiese. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) treibe eine Veränderung deshalb voran. Bereits am Dienstag hatte es geheißen, dass sich der Koalitionsausschuss am Mittwochabend auf Eckpunkte einer Reform einigen und diese auch vorstellen könnte. Dabei geht es vor allem darum, wie man Bürgergeld-Bezieher schneller wieder in Arbeit und dabei auf Vollzeitbeschäftigung bringen kann. Im kommenden Jahr soll es dann eine Reform geben, die auch etwa Missbrauch bei der EU-Freizügigkeit beseitigen soll.

SPD DEUTET EINLENKEN BEI VERBRENNER-AUS AN – GEGEN AUFLAGEN

Wiese deutete Bewegung im Streit um das sogenannte Verbrenner-Aus 2035 an, knüpfte dies aber an Bedingungen. Die Zukunft sei elektrisch, sagte der SPD-Politiker in Anspielung auf das EU-Ziel, ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zuzulassen. Die Firmen brauchten auch Planungssicherheit. “Aber wir sagen auch durchaus, dass (…) eine gewisse Flexibilität auch nachvollziehbar und vertretbar ist.” Aber es gebe die klare Forderung an die Konzerne, die erfüllt werden müsse. “Das ist die Standortsicherung in der Bundesrepublik Deutschland.” Zuvor hatten auch die SPD-Vorsitzenden Bas und Lars Klingbeil von den Autokonzernen Zusagen für den Standort und den Verzicht auf einen Personalabbau in Deutschland gefordert.

Während die Union und mittlerweile alle deutschen Autokonzerne eine Korrektur des sogenannten Verbrenner-Aus forderten, ist die SPD bei dem Thema gespalten. Die Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion lehnt eine Lockerung der Regel für 2035 ebenso wie Umweltminister Carsten Schneider (SPD) ab. Wiese betonte jedoch, dass er sich Sonderregelungen für sogenannte Plug-in-Hybride oder Range-Extender vorstellen könne, bei denen kleine Motoren den Elektromotor unterstützen, wenn dessen Batterieladung sich dem Ende zuneigt.

(Bericht von Andreas Rinke und Christian Krämer; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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