Bundespolizei erhält mehr Kompetenzen – auch für Drohnenabwehr

Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung baut die Einsatzmöglichkeiten der Bundespolizei bei der Drohnenabwehr aus. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch den Entwurf des überarbeiteten Polizeigesetzes, in das unter anderem ein Drohnen-Passus aufgenommen wird. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach von einem “großen Wurf”. Noch in diesem Jahr solle auch ein Drohnenabwehrzentrum eingerichtet werden, sagte er. Das Luftsicherheitsgesetz, das auch die Abstimmung mit der Bundeswehr klären soll, komme noch im Oktober in die Ressortabstimmung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, bezeichnete das Polizeigesetz als wichtigen Schritt zu einer effektiveren Drohnenbekämpfung.

In dem Entwurf des neuen Polizeigesetzes heißt es: “Zur Abwehr einer Gefahr, die von unbemannten Fahrzeugsystemen ausgeht, die an Land, in der Luft oder zu Wasser betrieben werden, kann die Bundespolizei geeignete technische Mittel gegen das System, dessen Steuerungseinheit oder Steuerungsverbindung einsetzen, wenn die Abwehr der Gefahr durch andere Maßnahmen aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.” Damit werde rechtlich klarer, dass sie eine Drohne auch abschießen darf, betonte der Innenminister. Die Bundespolizei soll auch den 16 Landespolizeien bei der Drohnenabwehr auf Anfrage helfen können.

Die Bundespolizei ist zuständig für die Luftsicherheit etwa an Flughäfen und Bahnhöfen. Das Ministerium plant laut Gesetzentwurf mit Ausgaben von 90 Millionen Euro pro Jahr. “Dies umfasst den einmaligen Investitionsbedarf für die erstmalige Beschaffung des erforderlichen Gerätes bzw. den Investitionsbedarf für Folge- und Ersatzbeschaffungen in den Folgejahren”, heißt es. Dobrindt sprach von einem anfänglich dreistelligen Investitionsbedarf. Es ist zusätzliches Personal von 341 Personen vorgesehen.

Der SPD-Politiker Wiese verwies darauf, dass der Bundestag bereits 2021 ein neues Polizeigesetz beschlossen hatte, das mehr Befugnisse auch bei der Drohnenabwehr beinhaltete. Dies sei damals vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im Bundesrat wegen eines Streits über Länderkompetenzen gestoppt worden. In der letzten Legislaturperiode habe dann die FDP einen neuen Anlauf verhindert.

Die Hilfe der Bundeswehr war bereits bei der Aufklärung bei den Drohnen-Sichtungen am Flughafen München angefordert worden. Offen ist die Frage, ob die Bundeswehr im Inneren auch selbst eine als Gefahr angesehene Drohne abschießen darf, wenn sie beispielsweise in so großer Höhe fliegt, dass die Polizei sie mit ihren Mitteln nicht abschießen kann. Dobrindt verwies darauf, dass dies im Luftsicherheitsgesetz geklärt werde. Es gebe keine Differenzen zwischen Innen-, Verteidigungs- und Justizministerium.

Aktuell gebe es eine Marktsichtung unter den Drohnenherstellern, um sich einen Überblick über die verschiedenen technischen Möglichkeiten zu verschaffen, sagte Dobrindt. Bestimmte spezielle Abwehrmaßnahmen würden auch nur von speziellen Herstellern angeboten, sagte er zu den verschiedenen Möglichkeiten, Drohnen vom Himmel zu holen. Man sei bereits in Gesprächen mit einigen Herstellern “bezüglich der Lieferfähigkeit und der kurzfristigen Beschaffungsmöglichkeit”.

Der SPD-Politiker Wiese mahnte in der Debatte aber auch, “ein bisschen Ruhe” zu bewahren. “Das Ziel ist also auch von anderer Seite, Unsicherheit auch zu schüren.” Hintergrund sind die Angaben von Sicherheitsbehörden, dass es sich bei den Drohnensichtungen in München, Frankfurt, über Norddeutschland und Dänemark um sehr unterschiedliche Vorgänge handelt. Teilweise wird Russland hinter Überflügen über Flughäfen und Kasernen vermutet. Die Sicherheitsbehörden verweisen aber auch auf eine erhebliche Anzahl an Trittbrettfahrern oder Amateuren, die Drohnen aufsteigen lassen. Mehrere Vertreter der Sicherheitsdienste wollten eine Aussage von Kanzler Friedrich Merz nicht bestätigen, dass Russland hinter der Mehrzahl der Drohnenflüge stecke.

Der Entwurf des Polizeigesetzes sieht eine Reihe weiterer Punkte vor, an denen die Rechte der Bundespolizei ausgeweitet werden sollen. Dazu gehört etwa, dass sie künftig selbst Telefone abhören und Standortdaten erheben oder anlasslose Kontrollen in Waffen- und Messerverbotszonen auf Bahnhöfen oder in Zügen durchführen darf. Zudem soll sie leichter Personen in Gewahrsam nehmen können, wenn die Gefahr besteht, dass diese gegen ein Ausreiseverbot verstoßen könnten. Der Bundestag muss den Änderungen noch zustimmen.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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