Ifo: Schwache Industrie bremst deutsche Wirtschaft seit Jahrzehnten aus

Berlin (Reuters) – Eine nachlassende Dynamik in der Industrie ist einer der Hauptgründe für das langsamere Wirtschaftswachstum der vergangenen 50 Jahre in Deutschland.

Dies geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Ifo-Instituts hervor. “Im Wesentlichen waren die Automobilindustrie, der Maschinenbau und eng mit der Industrie verflochtene Dienstleistungen wie Leasingaktivitäten oder Unternehmensberater für die Verlangsamung der wirtschaftlichen Dynamik verantwortlich”, sagte Ifo-Konjunkturforscher Robert Lehmann.

Das deutsche Wirtschaftswachstum hat sich in den vergangenen 50 Jahren halbiert. Während die Wirtschaftsleistung in den 1970er-Jahren noch um knapp drei Prozent pro Jahr zulegte, lag das jährliche Wachstum in den Jahren vor der Corona-Pandemie nur noch bei rund 1,5 Prozent. Etwa die Hälfte dieses Rückgangs lässt sich der Studie zufolge auf die Entwicklung in zentralen Industriebranchen zurückführen. Starke Verflechtungen sorgten zudem dafür, dass sich Schwächen schnell auf die gesamte Volkswirtschaft auswirkten. “Wenn zentrale Zulieferbranchen spürbar an Dynamik verlieren, überträgt sich das über die Produktionsketten auf die Gesamtwirtschaft”, erklärte Ifo-Forscherin Lara Zarges und verwies auf die Baubranche als Beispiel.

Für die kommenden Jahre erwarten die Forscherinnen und Forscher eine weitere Abschwächung, die bis zu einer Stagnation führen könnte. Als Hauptgrund nennen sie das Altern der Gesellschaft. “Die demografische Situation in Deutschland wird sich weiter verschärfen, wodurch flächendeckend Arbeitskräfte in erheblichem Ausmaß fehlen werden”, hieß es im Fazit der Studie.

Die Industrie spürt derzeit viel Gegenwind – durch Bürokratie, hohe Energie- und Lohnkosten sowie durch die US-Zollpolitik und schwindende Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Konkurrenzkampf. Pessimisten sehen bereits das über Jahrzehnte erfolgreiche Geschäftsmodell der deutschen Wirtschaft mit dem Fokus auf Industrie und Export in Gefahr. Nach zwei Rezessionsjahren dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur minimal zulegen und 2026 und 2027 auch nur dank staatlicher Mehrausgaben in Infrastruktur und Rüstung spürbar wachsen.

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Christian Rüttger – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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