– von Ali Sawafta und Suleiman Al-Khalidi
Ramallah (Reuters) – Der von US-Präsident Donald Trump vorgelegte Plan zur Beendigung des Gaza-Krieges rückt die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Für die vor zwei Jahrzehnten von der radikal-islamischen Hamas aus dem Gazastreifen vertriebene, finanziell klamme und im israelisch besetzten Westjordanland ansässige Behörde schien die Hoffnung auf die Führung eines künftigen Palästinenserstaates lange Zeit gering. Trumps Plan deutet nun eine mögliche Rolle für die PA und ihren 89-jährigen Präsidenten Mahmud Abbas an. Jedoch ist dieser Weg mit schwierigen Reformforderungen gepflastert, die die PA vor eine Zerreißprobe stellen dürfte.
International genießt die PA mit Sitz in Ramallah breite Anerkennung. Die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die Arabische Liga sehen sie als legitime Vertretung des palästinensischen Volkes und als wichtigsten Gesprächspartner für eine Zwei-Staaten-Lösung. Auch die Bundesregierung unterhält Kontakte nach Ramallah. Innenpolitisch ist die Position der PA jedoch geschwächt. Abbas hat sich seit 2005 keiner Wahl mehr gestellt, und die Behörde leidet unter Korruptionsvorwürfen. Ghassan Chatib, Professor an der Bir-Zait-Universität bei Ramallah und ehemaliger PA-Minister, sieht in Trumps Plan daher nur eine “theoretische Möglichkeit” für eine künftige Rolle der PA in Gaza mit “vielen Minenfeldern und Bedingungen”.
“BEZAHLUNG FÜR MORD”
Dem US-Plan zufolge soll der Gazastreifen zunächst von einem unpolitischen technokratischen palästinensischen Übergangskomitee verwaltet werden, das von einem internationalen Gremium unter Trumps Vorsitz überwacht wird. Dies soll so lange gelten, bis die PA umfassende Reformen abgeschlossen hat. Zudem soll eine internationale Stabilisierungstruppe eine palästinensische Polizei ausbilden und unterstützen, die eine von der PA getrennte Befehlskette hätte. Die Ausbildung soll in Ägypten und Jordanien stattfinden.
Die von Washington geforderten Reformen sind politisch heikel. Dazu gehören die Bekämpfung der Korruption und eine Überarbeitung der Schulbücher, die oft antisemitische Inhalte haben. Zudem soll die PA Zahlungen an Familien von durch Israel getötete oder inhaftierte Palästinenser einstellen – eine von Kritikern als “pay to slay” (Bezahlung für Mord) bezeichnete Praxis. Die PA verweist hier auf Fortschritte: Abbas habe ein entsprechendes Gesetz im Februar aufgehoben, und die Unterstützung laufe nun über einen Sozialfonds.
Als größte Hürde gilt jedoch die Forderung aus Trumps Friedensplan von 2020, dass die palästinensische Führung Israel “als jüdischen Staat” anerkennen müsse. Abbas hat dies stets abgelehnt und darauf verwiesen, dass die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) Israel bereits 1993 anerkannt habe. Eine solche Anerkennung wäre für die PA politisch kaum durchsetzbar.
“GLAUBWÜRDIGER WEG”
Gleichzeitig befindet sich die PA in einer tiefen Finanzkrise, die durch die Zurückhaltung von Steuereinnahmen durch Israel seit Kriegsbeginn verschärft worden ist. Die PA ist auf internationale Hilfe angewiesen. Saudi-Arabien hat im September 90 Millionen Dollar zugesagt, um die Finanzen zu stabilisieren. Auch die Bundesregierung hat 30 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Die Auszahlung des Geldes wird derzeit aber vom Bundestag blockiert. Vor allem die CSU will zunächst noch geprüft wissen, wie genau das Geld ausgegeben werden soll.
Für die PA liegt in Trumps Plan die vage Aussicht auf einen “glaubwürdigen Weg zur palästinensischen Selbstbestimmung und Eigenstaatlichkeit”. Offiziell begrüßte sie daher die Bemühungen zur Beendigung des Krieges im Gazastreifen und betonte, man setze die zugesagten Reformen um. Allerdings ist die PA im Gazastreifen Umfragen zufolge nicht sonderlich beliebt. Auch hier müsste die Behörde Überzeugungsarbeit leisten.
(Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)