Hamburg (Reuters) – Europas größter Munitionsproduzent Rheinmetall will seine Kapazitäten mit dem Bau eines neuen Werks in Lettland ausbauen und damit auch die Verteidigungsfähigkeit des baltischen Landes stärken.
Im Beisein der lettischen Ministerpräsidentin Evika Siliņa unterzeichnete Rheinmetall-Chef Armin Papperger am Donnerstag in Hamburg eine entsprechende Absichtserklärung (MoU). Die Fabrik werde einen Beitrag zur Sicherheit des Baltikums leisten, sagte Siliņa. Binnen 14 Monaten solle die Anlage fertig sein, kündigte Papperger an. Er sieht Rheinmetall aber nicht nur in Osteuropa auf Wachstumskurs. Der Konzern, der auch mit Partnerschaften und Übernahmen wächst, könne bald Aufträge in einer Größenordnung von 130 Milliarden Euro in den Büchern haben und diese damit verdoppeln. Derzeit seien es noch rund 65 Milliarden Euro.
Die Anlage in Lettland soll von einem Gemeinschaftsunternehmen betrieben werden, dessen Gesellschafter die Rheinmetall Waffe Munition GmbH mit 51 Prozent der Anteile und die lettische State Defence Corporation mit 49 Prozent sein werden. Für das Werk, das eine Jahreskapazität von mehreren zehntausend Artilleriegeschossen haben soll, werden 275 Millionen Euro in Lettland investiert, rund 150 Arbeitsplätze sollen entstehen.
“STÄRKUNG DER SICHERHEIT LETTLANDS”
Rheinmetall reagiert mit den Plänen auf den gestiegenen Bedarf der Bundeswehr, anderer westlicher Armeen sowie der Streitkräfte der Ukraine angesichts der wachsenden Bedrohung durch Russland. Der Dax-Konzern hatte in der Vergangenheit angekündigt, ab 2027 insgesamt rund 1,5 Millionen Schuss Artilleriegranaten jährlich herstellen zu wollen. “Wir (bauen) mit der Fertigungsanlage unsere Position als weltweit führender Hersteller von Artilleriemunition aus”, sagte Papperger. Rheinmetall wolle Munition aus der Fabrik in Lettland auch exportieren. “Ich bin zuversichtlich, dass wir vergleichbare Partnerschaften zur Munitionsfertigung auch in weiteren Ländern eingehen können”, fügte er hinzu.
Ministerpräsidentin Siliņa sprach von einem “historischen Moment” für Lettland. “Die Unterzeichnung dieser Absichtserklärung ist ein klarer Schritt zur Stärkung der Sicherheit Lettlands und zur Entwicklung unserer Verteidigungsindustrie”, sagte sie. Russische Kampfjets hatten zuletzt nach Nato-Angaben den Luftraum im benachbarten Estland verletzt, mehr als 20 russische Drohnen waren in den Luftraum Polens eingedrungen. Siliņa zufolge rüstet Lettland seine Drohnenabwehr auf. Rheinmetall schraubt Papperger zufolge die Produktion von Drohnen in die Höhe.
AUSBAU DER PRODUKTION IN MEHREREN LÄNDERN
Rheinmetall hatte erst Ende August ein neues Werk im niedersächsischen Unterlüß eröffnet, das bei voller Auslastung das größte Munitionswerk in Europa werden soll. Auch in Spanien fertigt der Konzern Artilleriegranaten. In Litauen will er ebenfalls eine solche Anlage errichten, ebenso in Rumänien und Bulgarien. Auch in der Ukraine könnte ein Werk entstehen.
Der Düsseldorfer Konzern baut seine Produktionskapazitäten gezielt aus und versorgt auch die Ukraine mit Waffen und Munition. Der Rüstungsboom beschert dem Konzern ein rasantes Wachstum. Er erwartet allein milliardenschwere Aufträge der Bundeswehr. Zudem will er in den Bau von Kriegsschiffen einsteigen und übernimmt dazu die Militärsparte der Bremer Lürssen-Gruppe. Rheinmetall setzt auch auf Partnerschaften, um die boomende Nachfrage bewältigen zu können: So wollen die Düsseldorfer gemeinsam mit Leonardo in Italien Panzer bauen, mit dem US-Unternehmen Lockheed Martin arbeitet Rheinmetall bei Raketen und Kampfflugzeugen zusammen. Mit Blick auf die Militärsparte Lürssens sagte Papperger, er setze auf einen Abschluss der Übernahme bis Dezember. Dazu steht unter anderem noch eine Genehmigung des Bundeskartellamts aus.
(Bericht von Swantje Stein, Martin Schlicht und Matthias Inverardi, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)