Zoll- und Zinssorgen lasten auf Europas Börsen

Frankfurt (Reuters) – Die Unsicherheit über die Auswirkungen der US-Zoll- und Zinspolitik hat die europäischen Aktienmärkte am Donnerstag belastet.

Dax und EuroStoxx50 verloren am Vormittag jeweils 0,4 Prozent auf 23.566 und 5444 Punkte. Die auf weitere Zinssenkungen lauernden Investoren mussten eher zurückhaltende Äußerungen von US-Notenbankchef Jerome Powell verdauen. Die Richtungssuche beim Dax gehe weiter, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners. “Solange nicht klar ist, wohin die Reise gehen wird, halten sich Käufer und Verkäufer gleichermaßen zurück.” Anleger warteten unter anderem auf die wöchentlichen US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, um nach Hinweisen auf die weitere US-Geldpolitik zu suchen.

Die Stimmung der Verbraucher in Deutschland hat sich nach monatelangem Abwärtstrend immerhin wieder etwas gefangen. Das für Oktober berechnete Konsumklima-Barometer stieg um 1,2 Punkte auf minus 22,3 Zähler und damit stärker als erwartet. Dennoch bleibe das Bild eingetrübt, sagte Maximilian Wienke, Marktanalyst beim Broker eToro. “Belastende Faktoren wie der Krieg in der Ukraine, neue US-Zölle, die die Exportlage erschweren, und anhaltende politische Unsicherheit drücken spürbar auf die Kaufbereitschaft.”

SNB LÄSST ZINSEN UNVERÄNDERT – FRANKEN STABIL

Am Devisenmarkt trat der Euro bei 1,1738 Dollar auf der Stelle. Nach Ansicht der führenden Forschungsinstitute wird die deutsche Wirtschaft 2026 nur dank der Milliardenausgaben der Bundesregierung spürbar zulegen. Für 2025 erwarten die Gutachter nach zwei Rezessionsjahren ein mageres Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent.

Der Schweizer Franken blieb nach dem Zinsentscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB) weitgehend stabil. Der Dollar verteuerte sich leicht um 0,1 Prozent auf 0,7960 Franken. Die SNB hatte den Leitzins wie erwartet bei null Prozent belassen und zugleich vor den Folgen von US-Zöllen für die heimische Wirtschaft gewarnt. Eine Zinssenkung der SNB in den negativen Bereich dürfte diese Herausforderung jedoch kaum bewältigen, sagte Ökonom Maxime Botteron von der UBS.

ZOLLSORGEN BELASTEN MEDIZINTECHNIK-BRANCHE

Papiere europäischer Medizintechnikunternehmen sackten ab, da die USA den Import medizinischer Artikel unter die Lupe nehmen. Die Papiere von Siemens Healthineers verloren 4,4 Prozent. Die Titel von Carl Zeiss Meditec, Philips und Coloplast gaben jeweils rund drei Prozent nach. Hintergrund sind sogenannte “Section 232”-Untersuchungen der US-Behörden. Diese könnten als Grundlage für neue Zölle auf eine breite Palette von medizinischen und industriellen Gütern dienen.

Europäische Autoaktien präsentierten sich hingegen fester, nachdem die US-Regierung das Handelsabkommen der USA mit der Europäischen Union offiziell umgesetzt hatte. Damit tritt der auf 15 Prozent gesenkte Zollsatz für Autos und Autoteile aus der EU rückwirkend zum 1. August in Kraft. Aktien von Porsche und BMW notierten jeweils rund ein Prozent im Plus. UBS-Analyst Patrick Hummel sprach von einer guten Nachricht für die Autobauer. Sie verringere die Gefahr weiterer Prognosesenkungen.

Im Einzelhandelssektor hellten überraschend starke Quartalszahlen von H&M die Stimmung auf. Der schwedische Modekonzern übertraf die Erwartungen für den operativen Gewinn im dritten Quartal. Analysten verwiesen auf starke Bruttomargen und geringere Lagerbestände, die eine nachlassende Umsatzdynamik ausglichen. Das trieb die H&M-Aktien um knapp zwölf Prozent nach oben auf ein Acht-Wochen-Hoch. Sie steuerten ihren besten Börsentag seit anderthalb Jahren an. Der europäische Branchenindex gewann ein Prozent.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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