Berlin (Reuters) – Der demografische Wandel bremst den deutschen Arbeitsmarkt nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zunehmend aus.
Die Zahl der Erwerbstätigen werde 2026 trotz einer leichten Konjunkturerholung erstmals seit dem Corona-Jahr 2020 wieder sinken, erklärte das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch. Demnach steigt die Zahl der Arbeitslosen im laufenden Jahr 2025 zunächst um 159.000 auf rund 2,95 Millionen. Für 2026 erwarten die Forscher dann einen Rückgang der Erwerbstätigenzahl um 18.000, während die Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt nahezu stabil bleibt.
Grund für die gebremste Entwicklung ist laut IAB-Prognose, dass das Arbeitskräfteangebot an seine Grenzen stößt. Das Erwerbspersonenpotenzial – die Summe aus Erwerbstätigen und potenziell verfügbaren Arbeitskräften – werde 2026 erstmals sinken, und zwar um 35.000 Personen. Das Ausscheiden der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge könne nicht mehr durch Zuwanderung und höhere Erwerbsbeteiligung ausgeglichen werden.
Der Rückgang des Arbeitskräfteangebots bremst auch die Effekte der erwarteten Konjunkturbelebung. Zwar rechnen die Forscher für 2025 mit einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent, das sich 2026 auf 1,1 Prozent beschleunigen soll. Impulse kämen dabei vor allem von den Fiskalpaketen der Regierung.
NUR TEILZEITSTELLEN LASSEN BESCHÄFTIGTENZAHL NOCH STEIGEN
“Die Möglichkeiten für einen Beschäftigungsaufbau sind im Vergleich zu früheren Rekordsteigerungen stark begrenzt”, erklärte Enzo Weber vom IAB. Dies zeige sich auch bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Hier erwarten die Forscher für 2025 und 2026 nur noch schwache Anstiege um jeweils gut 40.000. Diese beruhten zudem allein auf mehr Teilzeitstellen, während die Vollzeitbeschäftigung sinke.
Gleichzeitig setze sich eine zweigeteilte Entwicklung fort: Während das Produzierende Gewerbe unter der Transformationskrise und dem schwachen, von US-Zöllen geprägten Außenhandel leide, entstünden neue Stellen vor allem im Dienstleistungssektor. Für die Industrie prognostiziert das IAB für 2025 einen Abbau von 130.000 Stellen, dem 2026 ein weiterer Rückgang um 70.000 folgt.
Den größten Zuwachs verzeichnen dagegen die öffentlichen Dienstleister sowie das Erziehungs- und Gesundheitswesen. Hier sollen in diesem Jahr 210.000 und im kommenden Jahr 130.000 neue Stellen entstehen, vor allem durch den Ausbau der Kinderbetreuung und die Alterung der Gesellschaft.
(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)