Nvidia und OpenAI zementieren ihre KI-Marktmacht

– von Hakan Ersen und Deepa Seetharaman und Abhinaya Sriram

Frankfurt/Bangalore (Reuters) – Nvidia und OpenAI wollen mit einer milliardenschweren Kooperation ihre Führungspositionen auf dem Gebiet Künstlicher Intelligenz (KI) festigen.

Der weltgrößte Chip-Hersteller sichert sich einen wichtigen Absatzmarkt und der ChatGPT-Macher Zugriff auf Hochleistungsprozessoren, die als entscheidend für die Weiterentwicklung von KI gelten. Nvidia werde sich mit bis zu 100 Milliarden Dollar an OpenAI beteiligen und damit zu einem der größten Anteilseigner aufsteigen, kündigten die beiden Unternehmen an. Außerdem wollen die Firmen gemeinsam neue KI-Rechenzentren mit einem Strombedarf von zehn Gigawatt aufbauen. Experten äußerten kartellrechtliche Bedenken.

“Am Anfang steht die Rechenleistung”, sagte OpenAI-Chef Sam Altman. “Rechenzentren bilden die Basis für die Wirtschaft der Zukunft.” Gemeinsam mit Nvidia wolle sein Unternehmen die Grundlage für Durchbrüche in der KI-Entwicklung schaffen und die Verbreitung dieser Technologie vorantreiben. Nvidia hatte sich vor rund einem Jahr mit 6,6 Milliarden Dollar an einer Finanzierungsrunde von OpenAI beteiligt. Die angekündigten 100 Milliarden Dollar kämen zu den bisherigen Investitionen hinzu, erläuterte Konzernchef Jensen Huang in einem TV-Interview. Details der Kooperation würden in den kommenden Wochen geklärt.

LICHT UND SCHATTEN

“Durch die Partnerschaft mit OpenAI und die gemeinsame Entwicklung von Hard- und Software stellt Nvidia sicher, dass seine Prozessoren auch das Rückgrat für die nächste Generation der KI-Infrastruktur bilden”, sagte Analyst Matt Britzman vom Brokerhaus Hargreaves Lansdown. Er rechne mit einem Umsatzschub für den Chip-Konzern. “Jedes zusätzliche Gigawatt an Rechenleistung bedeutet ungefähr 50 Milliarden Dollar Umsatz”, rechnete der Experte vor.

OpenAI verbessere mit der Kooperation seine Aussichten für ein anhaltend kräftiges Wachstum, kommentierte Analyst Gil Luria vom Research-Haus D.A. Davidson. Er befürchte jedoch, dass Nvidia als ‘Investor der letzten Instanz’ dem Startup unter die Arme greifen müsse, weil es sich mit seinen ehrgeizigen Plänen übernommen habe. OpenAI ist unter anderem führend am US-Projekt “Stargate” zum Bau von KI-Rechenzentren beteiligt. Zudem hat die Firma einem Zeitungsbericht zufolge beim Softwarekonzern Oracle Rechenkapazitäten im Volumen von 300 Milliarden Dollar gebucht. Nvidia war vergangene Woche dem kriselnden Chip-Hersteller Intel mit einer fünf Milliarden Dollar schweren Kapitalspritze beigesprungen.

ZWEI BRANCHENRIESEN SCHLIESSEN SICH ZUSAMMEN

Gleichzeitig werfe die Partnerschaft kartellrechtliche Fragen auf, warnte Juraprofessorin Rebecca Haw Allensworth von der Vanderbilt Law School. “Die beiden Firmen haben ein finanzielles Interesse am Erfolg des jeweils anderen. Das schafft einen Anreiz für Nvidia, keine Chips an Wettbewerber von OpenAI zu verkaufen oder ihnen nicht dieselben Konditionen zu bieten.” Ein Nvidia-Sprecher versuchte, diese Bedenken zu zerstreuen. “Wir räumen weiterhin jedem Kunden Priorität ein, unabhängig von einer möglichen Beteiligung.”

Der Weltmarktführer für KI-Prozessoren verkauft bereits einen großen Teil seiner Produkte an einige wenige Abnehmer. Nach eigenen Angaben nehmen die beiden größten Kunden 23 beziehungsweise 16 Prozent der Produktion ab. Ihre Namen nennt Nvidia nicht.

Die entscheidende Frage sei, ob die Kartellbehörden die Kooperation von Nvidia und OpenAI als wachstumsfördernd oder -hemmend für die KI-Branche werten, sagte Kartellanwalt Andre Barlow von der Kanzlei Doyle, Barlow & Mazard. Derzeit laufen Kartellverfahren gegen mehrere US-Technologiekonzerne wie die Alphabet-Tochter Google. Der Leiterin der Kartellabteilung des US-Justizministeriums, Gail Slater, zufolge muss der Staat sicherstellen, dass die Ressourcen zur Entwicklung wettbewerbsfähiger KI-Systeme und -Produkte allgemein zugänglich sind.

PROZESSOREN UND UNTERNEHMENSANTEILE

Nvidia werde OpenAI ab Ende 2026 erste KI-Prozessoren liefern, sagte ein Insider. Das Startup zahle hierfür in bar. Im Gegenzug kaufe Nvidia in mehreren Schritten Anteile an dem KI-Entwickler. Die erste Tranche von zehn Milliarden Dollar werde fällig, sobald der Kooperationsvertrag unterschriftsreif sei. Die Partnerschaft von OpenAI mit Microsoft bleibe von der neuen Kooperation unberührt. Darüber hinaus arbeite das Startup weiter an der Entwicklung eigener KI-Chips. Nvidia war für eine Stellungnahme zu den Details der Vereinbarung zunächst nicht zu erreichen.

OpenAI wird aktuell mit 500 Milliarden Dollar bewertet. Einem Insider zufolge wird der Preis für die erste, zehn Milliarden Dollar schwere Tranche des Anteilsverkaufs an Nvidia auf dieser Grundlage berechnet. Welche Bewertung künftig herangezogen werden soll, blieb zunächst offen. Nvidia-Aktien fielen im vorbörslichen Geschäft der Wall Street am Dienstag um ein halbes Prozent auf 182,69 Dollar, nachdem sie am Montag zunächst auf ein Rekordhoch von 184,55 Dollar gestiegen waren.

(unter Mitarbeit von Arsheeya Bajwa. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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