– von Inti Landauro und Joanna Plucinska
Sevilla/London/Istanbul (Reuters) – Der überraschende Einstieg von Turkish Airlines bei der spanischen Fluggesellschaft Air Europa gelang Insidern zufolge vor allem aus einem wichtigen Grund: Die türkische Airline ist mit einer Minderheitsbeteiligung zufrieden.
Die fehlende Perspektive, Air Europa selbst zu führen, schreckte die Mitbieter Lufthansa und Air France-KLM unterdessen ab, wie vier Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Die Eigentümerfamilie Hidalgo wolle das Steuer bei der mit 50 Flugzeugen kleinen Airline nicht aus der Hand geben.
Der von der spanischen Familie kontrollierte Tourismuskonzern Globalia behält einen Anteil von mehr als 50 Prozent an Air Europa. Turkish Airlines legt 300 Millionen Euro hin für einen Anteil von 25 bis 27 Prozent. Der britisch-spanische Luftfahrtriese IAG bleibt mit 20 Prozent beteiligt, was die Sache für die Konkurrenten Lufthansa und Air France-KLM ebenfalls nicht leichter machte. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte kurz vor dem Ausstieg aus den Verhandlungen mit den Spaniern erklärt, die Gespräche gestalteten sich sehr schwierig. Ins Detail ging er nicht.
FLUGMARKT LATEINAMERIKA IM BLICK
Lufthansa und Air France-KLM hätten beide einen ‘Pfad zur Kontrolle’ innerhalb weniger Jahre gefordert, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. “Zu den Risiken von Minderheitsbeteiligungen gehören ein Mangel an Kontrolle und eine geringere Fähigkeit, die Strategie zu beeinflussen”, sagte Neil Glynn, Analyst bei Alvarez and Marsal. Für Air France-KLM sei zudem die Bewertung von Air Europa mit bis zu 1,2 Milliarden Euro zu hoch gewesen, sagte eine anderer Insider.
Für Turkish Airlines lohnt es sich, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Airline-Chef Ahmet Bolat sagte am Mittwoch, es gebe keine Absicht, diesen Anteil zu erhöhen. Da die Airline nicht aus der Europäischen Union (EU) kommt, hat sie wegen der EU-Eigentumsvorschriften für Fluggesellschaften schon rechtlich keine Chance, auf eine Mehrheit aufzustocken. Turkish will mit Air Europa zusammenarbeiten, um auf der Iberischen Halbinsel und in Lateinamerika zu wachsen. Diese beiden Märkte gehören zu den Regionen, in denen die türkische Fluggesellschaft bislang am schwächsten vertreten ist. Die neuen Verbindungen sollen an das Drehkreuz-Netzwerk von Turkish Airlines angebunden werden.
Hinter dem Geschäft steht zudem politischer Rückhalt aus Ankara. So nahm der türkische Verkehrsminister Abdulkadir Uraloglu an der Präsentation der Vereinbarung der beiden Fluggesellschaften am Mittwoch in Sevilla teil. Er sagte, der Schritt passe in eine umfassendere “Strategie”, die Türkei mit der Welt zu verbinden. Bolat ließ das so nicht stehen und erklärte, es handele sich um eine unternehmerische Entscheidung, auch wenn die Airline die Strategien des Staates berücksichtige.
(Weitere Reporter: Andres Gonzalez, Ceyda Caglayan, Tim Hepher; geschrieben von Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)