Großer Bahnhof für Chinas Ministerpräsidenten in Deutschland

Peking/Berlin (Reuters) – Auf seiner ersten Auslandsreise wird der chinesische Ministerpräsident Li Qiang am Sonntag für mehrere Tage nach Deutschland kommen.

Das gab das chinesische Außenministerium am Donnerstag bekannt. Anlass sind vor allem die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen am Dienstag in Berlin – die ersten persönlichen bilateralen Gespräche beider Regierungen seit 2018. Li wird deshalb von zahlreichen Ministern begleitet. Am Montag wird zunächst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Ministerpräsidenten empfangen, bestätigte eine Sprecherin Steinmeiers. Geplant ist dann am Abend ein Treffen mit Kanzler Olaf Scholz. Am Dienstag finden die Gespräche der beiden Kabinette statt.

Dann fliegt Li nach München weiter. “Ministerpräsident Markus Söder wird den Staatsgast am Dienstagabend in der Residenz München mit einem Empfang begrüßen”, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei in der bayerischen Landeshauptstadt auf Anfrage. “Dialog ist die einzig richtige Möglichkeit in einer immer globaleren Welt.” Thema würden unter anderem die bayerisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen sein, aber auch globale Herausforderungen wie der Kampf gegen den Klimawandel und Mahnungen zu Rechtsstaatlichkeit und fairem Wettbewerb.

Die Bundesregierung wollte zu den Regierungskonsultationen noch nicht Stellung nehmen. Erwartet wird aber, dass neben wirtschaftlichen Fragen auch die chinesische Positionierung zum russischen Krieg gegen die Ukraine und die schwierige Menschenrechtslage in der Volksrepublik eine Rolle spielen werden. Der Weltverband der muslimischen Minderheit der Uiguren in der chinesischen Region Xianjing hat bereits zu Protesten gegen den Li-Besuch Li aufgerufen. China wird Unterdrückung der Uiguren vorgeworfen, was die Führung in Peking bestreitet.

Li werde später in der Woche nach Frankreich reisen und in Paris an einem Gipfel für einen neuen globalen Finanzierungspakt teilnehmen, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Dabei geht es unter anderem um die Schuldensituation in Entwicklungsländern.

Scholz hatte die bilateralen Regierungskonsultationen am Mittwoch ausdrücklich begrüßt und betont, dass keine Abkoppelung von der chinesischen Wirtschaft geplant sei, sondern ein Abbau von Risiken und Abhängigkeiten. In der erst am Mittwoch vorgelegten Nationalen Sicherheitsstrategie wird China erneut sowohl als Partner, als Wettbewerbern und systemischer Rivale bezeichnet. Die Gewichte hätten sich aber durch den chinesischen Kurs in den vergangenen Jahren Richtung Rivale und Wettbewerber verschoben, heißt es dort.

Die Veränderung zeigt sich auch in einer Umfrage der chinesischen Handelskammer in Deutschland in der Stimmung der Firmen aus der Volksrepublik: Knapp 75 Prozent der 400 Mitglieder geben nun an, dass sich das allgemeine Geschäftsumfeld für sie in Deutschland in den vergangenen Jahren verschlechtert habe. Dennoch erwarten 42,1 Prozent einen positiven Entwicklungstrend in ihrer Branche. Mehr als 50 Prozent rechnen damit, dass ihr Unternehmen in diesem und im nächsten Jahr wachsen wird. 36,8 Prozent der chinesischen Firmen planen für den Zeitraum der nächsten drei bis fünf Jahre eine Erhöhung ihrer Investitionen in Deutschland.

(Bericht von Laurie Chen, Andreas Rinke; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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