Frankfurt (Reuters) – Das Abgleiten der deutschen Wirtschaft in eine Rezession und die Hängepartie im US-Schuldensstreit haben den Dax-Anlegern am Donnerstag die Kauflaune verdorben.
Der deutsche Leitindex konnte seine anfänglich zarten Gewinne nicht halten und rutschte bis zum Mittag in der Spitze um 0,7 Prozent auf 15.726 Zähler ab. Der Eurostoxx50 kam mit 4265 Zählern kaum vom Fleck. Es drohten ungemütliche Zeiten an der Frankfurter Börse, sollte der Dax unter 15.700 Punkte fallen, prognostizierte Konstantin Oldenburger von CMC Markets. “Investoren erkennen nun immer mehr den Ernst der Lage.”
Dies gilt nach Meinung des Experten vor allem für die zähen Verhandlungen über eine Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA. Zuletzt zeichneten sich zwar Fortschritte bei den Gesprächen zwischen den Demokraten von US-Präsident Joe Biden und den oppositionellen Republikanern ab, eine Lösung ist aber weiter nicht in Sicht. “Die Stimmung auf dem Parkett schwankt im Moment mit den Nachrichten aus Washington”, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners.
IM SCHULDENSTREIT WIRD DIE ZEIT KNAPP
Dem Finanzministerium in Washington zufolge droht den USA ohne eine Einigung in dem Schuldenstreit ab dem 1. Juni die Zahlungsunfähigkeit. Die Folge könnte ein kompletter Stillstand der Finanzmärkte und der Wirtschaft sein, warnte Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Management. Die Rating-Agentur Fitch drohte den USA bereits mit einer Herabstufung der Top-Bonitätsnote “AAA”.
Der Dollar, der in Krisenzeiten gern als sicherer Hafen angesteuert wird, konnte Boden gutmachen. Auftrieb erhielt er zudem von den abnehmenden Spekulationen auf eine baldige Zinssenkung in den USA. Der Dollar-Index stieg in der Spitze um 0,3 Prozent auf ein frisches Zwei-Monats-Hoch von 104,162 Punkten. Der Euro notierte mit 1,0712 Dollar zeitweise auf dem niedrigsten Stand seit Ende März.
DÜSTERE AUSSICHTEN FÜR DEUTSCHE WIRTSCHAFT
Neben der Zitterpartie im US-Schuldenstreit sorgten jedoch auch die enttäuschenden Konjunkturnachrichten aus Deutschland für Kopfzerbrechen. Sinkende Konsumausgaben der unter der hohen Inflation leidenden Verbraucher haben die Wirtschaft hierzulande erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie 2020 in eine Rezession gestürzt. Eine Besserung ist nach Ansicht vieler Experten nicht in Sicht. “Der Schrumpfkurs der deutschen Wirtschaft wird sich im zweiten Halbjahr vermutlich fortsetzen”, meint Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Dann dürften die Nachholeffekte in der Industrie aufgezehrt sein und einen Ausgleich für den zu erwartenden fortgesetzt schwachen privaten Konsum und die angeschlagene Bauwirtschaft gebe es damit nicht mehr.
Zu spüren waren die Bedenken bei den Einzelwerten am deutschen Aktienmarkt. Im Dax gehörten konjunktursensible Titel wie Chemie- und Autowerte zu den größten Verlierern. Covestro und BASF gaben jeweils rund 1,7 Prozent nach. Daimler Truck notierten 1,3 Prozent schwächer.
Europaweit deutlich zulegen konnten Chipwerte nach einer optimistischen Umsatzprognose von Nvidia für das laufende Quartal. Der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) bescherte dem US-Chiphersteller einen Nachfrageboom. Der europäische Tech-Sektor rückte bis zu 2,3 Prozent vor. Die Chipwerte BE Semiconductor und ASM International legten jeweils rund neun Prozent zu. Am deutschen Aktienmarkt gewannen Siltronic im MDax 8,4 und PVA Tepla im SDax vier Prozent. Die Aktien von Infineon konnten ihre anfänglichen Gewinne im Dax nicht halten und verloren 0,5 Prozent.
(Bericht von: Daniela Pegna. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)











