EZB-Umfrage zeigt geringere Nachfrage nach Firmenkrediten

Frankfurt (Reuters) – Die Nachfrage nach Firmenkrediten ist laut einer Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) in den ersten drei Monaten des Jahres deutlich geschrumpft.

Der Nachfragerückgang war der stärkste seit der globalen Finanzkrise, wie eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage der EZB unter Geldhäusern im Euro-Raum ergab. Der Rückgang fiel der Erhebung zufolge kräftiger aus als es die Finanzinstitute im Schlussquartal 2022 erwartet hatten. Das allgemeine Zinsniveau in einem von geldpolitischer Straffung geprägten Umfeld sei der Hauptgrund gewesen, erklärte die EZB. Für das zweite Quartal werde mit einer weiteren Abschwächung der Nachfrage nach Firmenkrediten gerechnet. Diese werde aber voraussichtlich weniger kräftig ausfallen.

Die Umfrageergebnisse lieferten weitere Beweise dafür, dass die restriktive Geldpolitik in der Wirtschaft im Euro-Raum ankomme, kommentierten die Volkswirte der US-Bank Morgan Stanley die Umfrageresultate. “Das ist schlicht und einfach Geldpolitik in Aktion”, merkten sie an. Commerzbank-Volkswirt Marco Wagner wies auf die Bedeutung der Erhebung für die anstehende EZB-Zinssitzung am Donnerstag hin. “All dies dürften für die Notenbanker insofern willkommene Nachrichten sein, als die Straffung ihrer Geldpolitik Wirkung entfaltet”, so Wagner. Währungshüter, die eher eine lockere Geldpolitik bevorzugten, würden dies wohl als ein Argument dafür nutzen, dass am Donnerstag die Zinsen nur noch um 0,25 Prozentpunkte angehoben werden sollten. Auf ihrer März-Sitzung hatte die EZB die Schlüsselsätze noch um 0,50 Prozentpunkte hochgesetzt.

Der Umfrage zufolge verschärften die Institute in den Monaten Januar bis März ihre Standards für die Vergabe von Firmenkrediten erheblich. Die Geschwindigkeit, mit der Banken dies unternahmen, sei die stärkste gewesen seit der Euro-Schuldenkrise 2011, erklärte die EZB. Dies deute auf eine anhaltende Abschwächung der Kreditdynamik hin. Für das zweite Quartal erwarten die Institute laut der Umfrage eine weitere, wenn auch moderatere Verschärfung der Standards. Die EZB befragt viermal im Jahr die Banken zu ihrer Kreditvergabe. Dieser sogenannte Bank Lending Survey (BLS) spielt eine wichtige Rolle bei den geldpolitischen Beratungen der EZB. Diesmal fand die Erhebung zwischen dem 22. März und dem 6. April statt. 158 Geldhäuser nahmen teil.

SCHÄRFERE STANDARDS AUCH BEI DEUTSCHEN BANKEN

Die im BLS befragten deutschen Institute berichteten laut Bundesbank ebenfalls von schärferen Standards für Unternehmenskredite, Wohnungsbaukredite und Verbraucherdarlehen. Dahinter stehe die Einschätzung, dass die Kreditrisiken gestiegen seien angesichts einer Verschlechterung der Konjunkturaussichten. Die Nachfrage nach Firmenkrediten sei bei den deutschen Instituten im ersten Quartal gesunken – allerdings etwas geringer als noch in den drei Schlussmonaten 2022. Das höhere Zinsniveau und eine Zurückhaltung der Unternehmen bei Anlageinvestitionen hätten die Nachfrage gedämpft. Für das zweite Quartal erwarteten die Institute nun aber eine Stabilisierung der Nachfrage nach Firmenkrediten.

Die EZB legte am Dienstag zudem neue Daten zur Entwicklung der Kreditvergabe der Banken im Euro-Raum vor. Danach vergaben die Geldhäuser im März im Vergleich zum Vorjahr 5,2 mehr Darlehen an Firmen. Im Februar hatte das Wachstum noch bei 5,7 Prozent gelegen. Das Wachstum der Kreditvergabe hat sich damit bereits den fünften Monat in Folge abgeschwächt. An die Privathaushalte reichten die Geldhäuser im März 2,9 Prozent mehr Kredite aus als vor Jahresfrist. Im Februar war das Wachstum mit 3,2 Prozent ebenfalls noch höher ausgefallen.

(Bericht von Frank Siebelt, Reinhard Becker; redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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