Berlin (Reuters) – Der CDU-Politiker Kai Wegner ist im dritten Wahlgang zum neuen Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt worden.
Im Abgeordnetenhaus erhielt er am Donnerstag 86 Stimmen und erreichte damit die erforderliche einfache Mehrheit. Im ersten Wahlgang hatten nur 71 der 159 Parlamentarierinnen und Parlamentarier für ihn gestimmt, im zweiten Wahlgang 79, so dass er an der in den ersten beiden Voten nötigen Schwelle von 80 Stimmen scheiterte. CDU und SPD hatten sich nach der Wiederholungswahl im Februar auf die Bildung einer Koalition in der Bundeshauptstadt geeinigt. Die AfD gab an, sie habe im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt.
Die beiden Volksparteien verfügen zusammen über 86 Stimmen im neuen Abgeordnetenhaus. Die AfD hat 17 Mandate. Ob sie wie angegeben für Wegner gestimmt hat, lässt sich nicht überprüfen, da die Wahl geheim war. Zuvor hatte es aus den Reihen der neuen Koalitionspartner CDU und SPD gegenseitige Vorwürfe gegeben, nicht geschlossen für Wegner gestimmt zu haben. Deshalb bleibt es unklar, ob die Volksparteien im dritten Wahlgang geschlossen gestimmt hatten oder ob der CDU-Politiker tatsächlich auch mit AfD-Stimmen ins Amt gekommen ist. Allerdings hätten im dritten Wahlgang wegen der nötigen einfachen Mehrheit auch die 79 Stimmen aus dem zweiten Wahlgang reichen können. Die AfD betonte in einer Erklärung, dass sie ein stabilisierender Faktor einer Regierungsmehrheit sein könne. “Es ist an der Zeit, dass insbesondere die CDU das erkennt”, teilte die Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker mit.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kritisierte die Wahl Wegners mit mutmaßlichen Stimmen der AfD. “Wenn man den Parlamentarismus schützen will, dann darf man sich niemals in die Hand dieser politischen Kraft begeben”, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er sehe viele Parallelen zu Thüringen. Dort war 2020 der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD und CDU zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Nach massiver öffentlicher Kritik trat er nur wenige Tage später zurück.
Vor dem dritten Wahlgang in Berlin hatten Grüne und Linke beantragt, diesen zu verschieben. Beide Parteien hatten sich für eine Fortsetzung der bisherigen rot-grün-roten Koalition ausgesprochen, die rechnerisch auch eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus hätte. Die Verschiebung des Votums über Wegner war dann mit den Stimmen von CDU und Sozialdemokraten abgelehnt worden.
CDU und SPD hatten sich in den vergangenen Wochen auf die Bildung einer Koalition in der Bundeshauptstadt geeinigt. Die SPD-Basis hatte dem allerdings nur mit 54 Prozent knapp zugestimmt. Etliche Sozialdemokraten sprachen sich offen gegen ein Bündnis mit der CDU aus. Die fehlenden Stimmen bei den geheimen Wahlen könnten entweder Protest gegen Wegner oder gegen die bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von der SPD sein, die in ihrer Partei nach der Wahlniederlage als umstritten gilt. Die Sozialdemokraten hatten in den vergangenen 20 Jahren den Regierenden Bürgermeister gestellt.
Aus der Wiederholungswahl am 12. Februar 2023 war die CDU mit 28,2 Prozent klar als stärkste Partei hervorgegangen. Dahinter folgten die SPD und die Grünen jeweils mit 18,4 Prozent. Die Linken hatten 12,2 Prozent erreicht, die FDP verfehlte den Wiedereinzug in das Abgeordnetenhaus. Bei der Abstimmung 2021 hatte es Unregelmäßigkeiten gegeben, weshalb die Wahl für ungültig erklärt und eine Wiederholung angeordnet wurde.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)